Dienstag, 18. Dezember 2012

Kinder Kinder

Die Medien überschlagen sich. Deutschland bekommt weniger Kinder. Das ist seit einer ganzen Generation bekannt. Und nix hat sich geändert. So what.
Hat sich nix geändert? Wenn man draußen ist, und draußen heißt an Bahnhöfen, Supermärkten, Billigläden oder auf öffentlichen Plätzen,dann sieht man haufenweise Mütter mit Kinderwagen, meist mit Kindern darin. Keine Männer mit denselben, nur Mütter. Diese Mütter allerdings haben Physiognomien und bodyshapes jener Schichten, die schon immer im Kinderkriegen vorne waren: das Prekariat (postmoderner Ausdruck für Arme), gern mit Migrationshintergrund, mit Ausländerwurzeln also. Dort ist Kinderkriegen aus sehr naheliegenden Gründen nicht das Problem, eher die Verhütung. Und wenn man dann noch katholisch ist, naja.
Was soll also diese Statistik, von den Medien weihnachtlich aufgeheizt und mit dem erhobenen Zeigefinger - Deutschland schaffe sich ab? Sie soll - offen dargelegt - das angeblich antiquierte Rollenbild der modernen Gesellschaft, das immer noch nicht dem Zeitgeist oder Mainstream angepasst ist, monieren. Kindsmütter, die berufstätig sind, werden vom Volk immer noch als Rabenmütter bezeichnet, so eine dumme Sache. Da ändert sich nichts - anscheinend. Dabei brauchen wir doch - sagen sie - sowohl Kinder als auch Frauen in Männerberufen, gerne auch als Aufsichtsratsvorsitzende.
Diese Sorte Frauen, sie gehören zum Glück noch zur Minderheit, können sich Kinder nicht "leisten", wenigstens was ihre Karriereleiter angeht, da sind sie nämlich hinderlich. Oder sie gebären ihr Solobaby mit 40, sozusagen im Zenit. Dann muss der Mann das Baby-Sitting übernehmen, warum auch nicht, der hat ja eigentlich kein Recht auf Karriere - sagen sie. Wenn man es gut machen will, geht das Kind in die Tagesstätte,  man hat eine oder besser zwei Kinderfrauen  sieht das Kind am Abend möglichst schlafend - und dann wundern  wir uns, dass wir später autistische Jugendliche und vor allem bindungslose Erwachsene haben.
Das nebenstehende Bild zog ich aus der ZEIT dieser Woche.Obwohl ich nicht an hirnforschendem Größenwahn leide, scheint mir diese Untersuchung doch im Kontext dieses Blogs nicht unwichtig!! Kinder ohne Elternhaus bleiben irgendwie hirnlos, mit demselben ist der Einsteinkeim gelegt. (Scherz!!!)

Aber im Ernst: der postmoderne Kapitalismus, dem wir ja in unsere globalen Welt mehr oder weniger zustimmend ausgeliefert sind, steht dem tradieren Familienbild feindselig gegenüber. Das ist Fakt. Er will Mobilität, Flexibilität und Profit, von jedem und für jeden. Familie - ist es ein hohes Gut? Die weihnachtlichen Bigotterien der Fernsehwelt machen es uns zwar glauben, aber die gleichen Medien argumentieren entgegengesetzt, wenn man deren Wirtschaftsseiten aufschlägt, und nicht nur dort.
Die oben genannten Prekariatsmütter sind übrigens keine wirkliche argumentative Stütze, denn sie sind - frei nach Sarrazin - Gebärfälle, keine Träger einer Idee.
Die Idee der Familie wird in unserer emotionsarmen und kalten Gesellschaft sehr verteufelt. Ich hänge einem antiquierten Rollenverständnis nach, das bekenne ich ganz offen, und ich halte die Familie für ein hohes Gut. Wer es verschleudert, verschleudert Humanismus, menschliche Würde und Zukunft zugleich.

Dienstag, 27. November 2012

Es brennt

Es ist erschütternd, zu lesen, dass der in einer Behindertenwerkstatt in Titisee ausgebrochene Brand 14 Todesopfer gefordert hat. Unerwartet und qualvoll muss es den Betroffenen ergangen sein, die aus der rasch entstandenen, wohl überaus massiven Qualmentwicklung sich nicht mehr befreien konnten. Nun setzt, wie üblich, überall Ursachenforschung ein, die bisher nichts zutage gefördert hat.
Dabei hat die hastige Medienwelt, die sich heute und bereits gestern geradezu in Betroffenheit überschlägt, zwei andere Ereignisse (von vorgestern erst) bereits in den kommunikativen Schlund des Vergessen geworfen: Die viel schlimmere Brandkatastrophe in Bangladesch mit 129 Toten und eine weniger schlimme ebendort, die glimpflicher abging.
Hier sind es die medienwirksam eingestellten Behinderten, die zu Tode kamen, was immer eine Art Garantie ist für Aufmerksamkeit, die ja so überlebenswichtig für diese unsere Medienwelt ist.
Dort sind es arme Näherinnen einer Textilfirma, die in einer auf puren Gewinn aus Billigproduktion ausgerichtete Fabrik ohne ausreichenden Brandschutz umkamen, ohne auch nu die Chance auf Rettung gehabt zu haben. Das ist, wenn überhaupt in dieser Situation Vergleiche zulässig sind, die grausamere Tatsache, denn dahintersteckt eine Art von Raubtierkapitalismus, der schließlich von Firmen bei uns, die voll auf Billiglöhne setzen, mitverschuldet ist.
Und die noch schlimmere Tatsache ist, dass sich dort eben nichts ändern wird. Hier wird nach Brandursachen geforscht. Gut so. Dort wird nur das Fehlen von Schutzmöglichkeiten registriert und der Kopf geschüttelt über solche schrecklichen Zustände. Mehr nicht.
Man spricht von KIK, C und A, Hilfiger, Calvin Klein und anderen, die - und der Skandal ist ja auch bekannt - sich an diesen Situationen massiv bereichern. Es stimmt einfach nicht, wie die Firmen behaupten, dass die "guten" und nachhaltigen Arbeitsbedingungen vor Ort die Regel sind, und von außen regelmäßig kontrolliert werden. Es stimmt eben nicht, und selbst wenn eine solche Firma gute Absichten hätte: die unendliche Kette von Subunternehmern, die die Aufträge und Produkte weiterreichen und wiederum daran verdienen, macht eine Kontrolle fast unmöglich oder würde die Kosten, wenn es sie denn gäbe, so steigern, dass die Produktion in diesen Ländern uninteressant würde.
Was mich aufregt, ist
- die Vergessens"kultur" unserer Medien und damit unserer egoistischen Gesellschaft,
- die öffentlich zur Schau getragene Heuchelei von Firmen und Medien,
- das beflissenen Wegsehen der "Öffentlichkeit" von dieser Schande, obwohl die
Missstände reichlich genau und lange bekannt sind,
- die offenkundige Schamlosigkeit solcher Firmen diesen Ländern gegenüber,
- und dass nichts aber auch gar nichts "passiert".
Also, man könnte auch sagen: es brennt, aber es gibt keine Feuerwehr.

Mittwoch, 21. November 2012

Buss-und Bet-Tag

Es ergibt sich dieses: man schreibt ein zweites Mal über ein protestantisches Dilemma, den Bussundbettag. Keine Gazette unserer Zeit schreibt was über diesen wichtigen Tag, nur der Deutschlandfunk hat sein politisches Feuilleton mal darauf hingeleitet und läßt schreiben, dass man heute mehr an seine eigen Fehler denken sollte, als an das, was heute gängig ist, die Fehler der andern anzuprangern. Recht hat er.
Was anderes ist es mit der Würdigung eines solchen Tages durch unsere Zeitungswelt. Die ist ja mehr auf Krawall gebürstet als auf nachdenklichere Berichterstattung oder auf Reflexion. Kein einziger Hinweis auf diesen Tag, der ja dem Protestanten so wichtig ist, keiner, dafür aber eine ganzseitige Besprechung eines neuen Papstbuches zum Thema Jesus und dessen merkwürdige Fähigkeit, über das Wasser zu wandeln... So what? Ist das etwa nicht nachdenklich? Der Papst als Buchautor, das geht immer im Feuilleton der Zeitungen und nährt die Auflage.
In den Medien bricht sich eine andere Thematik derzeit Bahn, das Thema Leben mit dem Tod... Wie das? Nun, das ist dem allgemeinen Trend folgend, letzte Tabus aufzubrechen, um "darüber zu reden". Merkwürdige Einstellung, unappetitlich und abstoßend. Tod ist was Persönliches, nicht Öffentliches, genau wie Beten... Büssen oder beten aber, das ist kein "Teaser", das hat ja doch was Selbstverpflichtendes und passt nicht in unsere Zeit, in der der Finger immer auf den anderen gerichtet ist. Doch weisen nicht immer auch die anderen Finger auf einen selbst zurück??
Das bringt mich auf die derzeit so emsig betriebene Sucht der Fehlerbewältigung in unserer Profession. Da wird sich bemüht, den Eindruck zu erwecken, dass ein Kunstfehler, der ja immer auch strafrechtlich relevant ist, zu einer internen Diskussion (mit Selbstanzeige) zu machen, mit dem Ziel, ihn intern zu "verarbeiten" und damit eine Fehlerreduktion zu erreichen. Das wäre eigentlich ein dem Busstag entsprechendes Verhalten, löblich und wünschenswert, aber doch unrealistisch. Unser medizinischer Alltag ist anders gebaut: hat er doch wieder ein Regelwerk geschaffen, dass sich nahtlos in die bürokratische Welt des Klinikalltags einfügt und in dieser sterilen Anonymität nichts für den Einzelnen bringt. Und jeder, der damit mal befaßt war, bedenkt die Folgen und schweigt.
Buße ist etwas Persönliches. Luther sagt: mit der Buße nähere ich mich Gott.
Das zum Buss-und Bettag

Mittwoch, 31. Oktober 2012

Wir Protestanten

Heute ist Reformationstag und das heißt, wie jeder weiß: das ist der Tag, an dem Luther seine 95 Thesen an der Tür der Schloßkirche zu Wittenberg angeschlagen hat (haben soll). Leider wird as von den Historikern neuerdings in Frage gestellt, obwohl es zum essentiellen Bildungskanon unserer Gesellschaft gehört. Nun gut. Hier im Saarland wird nicht der Reformationstag, sondern der morgige Allerheiligen gefeiert. Da sei dann Tanzen verboten.
Darüber nachzudenken, was es heute bedeutet, Protestant zu sein, ist am heutigen Tage besonders gerechtfertigt und auf dem Hintergrunde der Säkulargesellschaft, die alles erlaubt und keine Tabus mehr kennt (zu kennen glaubt), kann es nur förderlich sein, Luther, zumal in der Lutherdekade (bis 2017) zu gedenken. Die vier "Soli" Luthers, weithin unbekannt, könnten dabei helfen:

soli gratia (nur durch Gnade)
solus christus (nur durch Christus)
sola fide (nur durch den Glauben)
sola scriptura (nur durch das geschriebene Wort; die Bibel)

Es gibt keinen anderen Weg zu Gott, als durch diese vier.
Das sollten wir Protestanten uns immer vor Augen halten, wir, die wir es ja nicht vermögen, heute den Inhalt und Gehalt unseres Glaubens öffentlich verständlich zu machen, zumal andere Werte (sic) in der Alltagswelt gelten, Konsum nämlich, Schnelligkeit und Vergessen. Hedonismus eben. Nun war Luther kein vollständig abgehobener und einzelgängerischer Mensch, glaubt man den Zeitzeugen, er war vielmehr gesellig, liebte das Lied, die Musik und das Leben und sprach vom Apfelbäumchen, das zu pflanzen gerade dann nötig ei, wenn die Welt demnächst unterginge.
Wir heute könnten darin das Wesentliche Luthers erkennen, diese Geradlinigkeit und Freude am Leben bei gleichzeitiger Demut und Gelassenheit, Gnade empfangen zu können, auch und gerade wenn man "Sünder allzumal" sei, und nicht durch Ablass oder Beichte (aber das ist ein anderes Thema) oder durch die Sakramente der katholischen Kirche.
Stattdessen bemühen wir uns, durch die fragwürdige Bereitschaft unserer Kirche zur Ökumene, d.h. beide Kirchen zusammenzuführen, eine Art Speichelleckerei der modernen Art zu vollführen, die der katholischen Kirche gerade mal ein kleines mokantes Lächeln ablockt, aber nicht wirklich ein Aufeinanderzugehen signalisiert. Diese Kirche hat sich nicht wirklich verändert, liebe Leute! Dafür steht schon der Ratzinger.
Mehr Protest, liebe Protestanten! Mehr eigenständige Wertschätzung und weniger Unterwerfung.

Hier stehe ich und kann nicht anders. Gott helfe mir.

Das wäre mein Wunsch an uns Protestanten am Reformationstag.

Freitag, 12. Oktober 2012

Friede in Europa?

Nun hat, überraschend für alle, die sich in der letzten Zeit nur mit der europäischen Krise herumschlugen und auch für die, die es immer besser wissen wollten, hat das Nobel-Komitee der EU den Friedensnobelpreis verliehen.
Klar, alle diese schrecklichen Eurobürokraten, die freuen sich jetzt unbändig, und halten ihre bekannten Sonntagsreden, doch können die am wenigsten für diesen Preis die Garanten sein.
Adenauer, Mitterand, Brandt, Schmidt, Kohl, die hatten wenigstens teilweise die nötigen Visionen, die dann in dieses Über-Gebilde EU mündeten.
Eines stimmt aber: als Einrichtung einer Staatengemeinschaft kommt die EU für diesen Preis mit dem Suffix "Frieden" in Frage. Sie hat als übrig gebliebener Träger der europäischen Idee zu fungieren, die nun seit 1945 für Frieden in den Europäischen Grenzen gesorgt hat. Das ist Fakt. Es gab sie also einst, die Idee von einer Gemeinschaft ohne Ressentiments. Ja, aber...
Leider muss dieser Wein doch mit Wasser versetzt werden:
Denn heute haben wir statt einer politischen Union eine Wirtschaftsunion. Diese ist der grandiose Gegenentwurf zu einer gesamteuropäischen humanistischen Idee, denn sie setzt auf die materiellen Werte des Kapitalismus und sorgt schon jetzt für nicht enden wollende soziale Unruhen in den bekannten südeuropäischen Ländern. Ja, diese Union hat wieder zu einer Trennung geführt, diesmal Nord gegen Süd. Und diese Trennung hat polarisiert, trägt den Kern den Unfriedens in sich.
"Stirbt der Euro, stirbt Europa", dieser denkwürdige Satz unserer Kanzlerin ist das entlarvendste Zeugnis europäischer Perversion. Für mich ist das ein Schlag in das Gesicht der noch so unfertigen Idee des politischen Europa. Ja, diese Union hat den sozialen Frieden in Europa in Gefahr gebracht; sie ist nicht wirklich des Friedensnobelpreises würdig - nur haben wir nichts anderes. Die europäische Idee kann nur der eigentliche Träger dieser Würde sein, nur der Idee kann der Preis gewidmet sein.
So ist diese Verleihung auch weniger eine Belobigung der Eurokraten, nichts weniger als das, sondern sie ist als Signal für die zu verstehen, die sich mit der Idee einer Europäischen Gemeinschaft als eines neuen humanistische Ideals unter den Bedingungen von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, aber auch der Ehre und des Anstandes untereinander identifizieren können. Dafür kann der Preis Stimulus sein. Vielleicht gibt es bald eine Art Urburschenschaft für diese Idee, so wie 1817, 1832 und 1848...

Montag, 3. September 2012

Orthographie, Stil, Kultur

Es ist eine bemerkenswerte Sache, die Sache mit der Rechtschreibung oder dem Schreibstil in den deutschen Medien. Derzeit sind ja die paralympics, diese Behindertensport-Olympiade. Und es stand in der Welt v. 3.9.2012:
"Das Beinprothesensystem Genium sei sozusagen der heißeste Scheiß auf dem Orthopädiemarkt, erklärt Näder. Erst 2012 auf den Markt gekommen, können Oberschenkelamputierte damit erstmals im Wechselschritt rückwärts steigen und Treppen steigen ohne dabei zum humpeln."
Man kann ja nun vulgär sein wollen, wie manche Breitbeiner in den Talkshows (Precht z.B.), oder barfuss im Studio als Moderator auftreten. Oder lustige Schubsereien in denselben veranstalten, das mag ja noch angehen. Aber die Aussage, Behinderten den letzten "Scheiß" andrehen zu wollen, die kann man einer Mediengesellschaft, die peinlich genau auf politische Korrektheit achtet, nicht durchgehen lassen. Es ist vielleicht die Verwendung eines vulgären Modeworts, das hier nach einem publizistischen Effekt hascht. Vielleicht ist es aber auch der Ausrutscher eines Redakteurs, der das durchgehen ließ, um seiner Verärgerung über die elende Vermarktung des Sports, und des Behindertensports zumal, freien Lauf zu lassen, vielleicht aber auch nur ein Stilfehler, der gar nicht aufgefallen ist - und das ist es, was zumindest ich glaube! Vulgärworte haben in der Zeitung und ihren Beiträgen nichts verloren!

Und die zahlreichen Orthographiefehler in unsren Tageszeitungen, Fehler im Satzbau und der Deklination, der Grammatik etc. lassen vermuten, entweder dass hier die Lektoren schlafen, oder der Deutsch- und Stilunterricht jener Personengruppen auch in den höheren Bildungsanstalten sehr zu wünschen übrig läßt. Wirft ein Licht auf das Bildungsideal unserer Zeit. Was ist es? Wo ist es? Wie ist es? Darüber kann man abendfüllend diskutieren, und doch immer wieder resümieren: es gibt sie nicht mehr, die Bildung...

Montag, 27. August 2012

Organspende-Skandal (2)

>>Die Prüfkommission der Bundesärztekammer hat knapp 51.000 Operationen zwischen 2000 und 2011 untersucht. Dabei habe es lediglich 119 "klärungsbedürftige Auffälligkeiten" gegeben. In 21 Fällen hätten Verstöße vorgelegen, die an Ministerien oder Staatsanwaltschaften zur Überprüfung weitergeleitet worden seien.<< (DR v. 27.8.2012)
Berechnet man dies prozentual, so kommt man auf sage und schreibe 0,2% Auffälligkeiten und nur 0.04% strafrechtliche Verstöße! Diese Zahlen belegen, wie aufgebauscht die Vorfälle in Göttingen und Regensburg tatsächlich sind. Sie sind Teil einer wieder mal unverantwortlichen Medienkampagne, die sich das sog. Sommerloch zunutze gemacht hat. Und was ist der Effekt? Eine weitere Verunsicherung der Organspender zulasten der Organempfänger. Das ist der eigentliche Skandal, ohne die möglichen Straftäter in Göttingen und Regensburg zu entschuldigen, die wohl Teil eines dubiosen Netzwerkes eines Jordaniers und seines Freundes aus gemeinsamen Hannoveraner Zeiten sind. Sie haben ja einer terminalen Frau, die gegenüber anderen Empfängern weniger schlecht dran war, und anderen Patienten in Jordanien eine Leber verschafft, und das auf Kosten von Empfängern in Deutschland. Das ist unärztlich und unethisch, und wenn Gelder geflossen sind (was bisher unklar ist), sogar strafwürdig. Aber es ist kein Organspende-"Skandal"!
Ich hatte ja mit dem Blog "erhöht die Fallzahlen,liebe Kollegen!" große Zustimmung auf Coliquio erfahren, denn das ist die andere Seite der Medaille, das mit den Chefarztboni und den vertraglichen Zielabsprachen. Das ist eher ein "Sumpf" oder Skandal, dem gegenzusteuern eine große, aber sisyphoale Aufgabe wäre...

Samstag, 18. August 2012

das mit den Freunden

Ich bin ja trotz des Dudelfunk-Gehabes ein treuer Hörer des Deutschland-Radios Kultur. Da interessiert besonders das politische Feuilleton.
Das von gestern befasste sich mit Facebook, Börsenunternehmen und Freundesammmler, dazu ein Datenkrake und ein "soziales" Netz. Sozial ist dabei wohl nur und nur für ihn, dass der Unternehmer Zuckerberg Milliardär ist. Diesem Netz also wünscht die Autorin ds Feuilletons von gestern "den Untergang". Sowas aber auch. Was, Du bist nicht auf Facebook? Frage von Zeitgenossen, des anderen Gestrigkeit zu entlarven. Nun, ich bekenne: ich bin ein Technikfreak und habe mich daher auch auf diesem Netz angemeldet. Auch um meine diversen Websiten in die Öffentlichkeit zu bringen (also ein "nützlicher" Ansatz?.
Marita, meine Frau, ist übrigens auch bei Facebook.
Man kann sich nun vor so genannten Freundschaftsanfragen nicht mehr retten, interessant ist dabei nur, wie häufig das passiert, wie nebensächlich auch. Erfreulich ist dabei nichts, denn diese "Freundschaften" sind alle höchst unverbindlich und man muss den Verdacht haben, dass das nur dem Firmen-Datenpool nützt. Schreckliche schöne neue Welt, die sich da auftut.
Julia Friedrichs, die Verfasserin des Feuilletons, schrieb:
>>Fassen wir also das längst Bekannte zusammen: Facebook ist ein Unternehmen, dass um jeden Preis an möglichst viele Daten kommen will. Das sie scannt und speichert und verkauft. Dieses Geschäft aber hinter einer Weltverbesserungs-Attitüde verbirgt. Ich kann solch ein Unternehmen nicht mögen.<<
Nun: Dem ist uneingeschränkt zuzustimmen. Auch ich wünsche dem Netz den Untergang, aber er wird leider nicht eintreten. Das freimütige Preisgeben persönlicher Daten ist heute so was wie eine Selbstverständlichkeit. Das heißt Schindluder mit der Privatsphäre treiben. Aber die haben wir eben sowieso nicht mehr. Insofern ist Facebook ein Spiegel unserer globalen Gesellschaft, die nun (über ein ironisches, abgehobenes Maß der geistig Hochstehenden hinaus) zu kritisieren ein vergebliches Unterfangen ist.
Es sei denn, der Absturz des Unternehmens an der Börse leitet seinen Untergang ökonomisch ein. Ohne Börse nämlich keine Welt, ohne Börse also auch kein Facebook.

Dienstag, 31. Juli 2012

Unsere kranke Gesellschaft

aus:
Oskar Negt: Gesellschaftsentwurf Europa. Plädoyer für ein gerechtes Gemeinwesen Steidl Verlag, Göttingen 2012

Wenn eine Gesellschaft ihre produktiven Energien hauptsächlich aus traditionell negativ beurteilten menschlichen Eigenschaften wie Gier und Besitzanhäufung aufbaut und mit ihrem betriebswirtschaftlichen Geist seit einigen Jahren auch Universitäten, Schulen und künstlerische Einrichtungen belästigt, dann braucht sich keiner zu wundern, wenn die guten alten Werte und Tugenden wie Solidarität, Mitmenschlichkeit, Vernunft et cetera im Schwinden begriffen sind. Wenn Schülern und Studenten systematisch eingebläut wird, es gehe bei der Ausbildung darum, einen Wettbewerb zu bestehen und möglichst viele Konkurrenten aus dem Spielfeld zu schlagen, dann werden sie als Bürger und Privatmenschen verrohen.

"Es könnte sein, dass wir von einer kranken Gesellschaft sprechen müssen, in der bewusste Politik ausgeschlossen ist, weil die Gesellschaft zum bloßen Anhängsel der wirtschaftlich Mächtigen und der Börsenkurse geworden ist."
zitiert nach Deutschlandradio Kultur v. 30.7.2012

Dem ist nichts hinzuzusetzen, außer, dass Negt einer der führenden 68er Köpfe neben Habermas und Adorno war. Sie denken also noch, die Köpfe, aus denen das kroch...

Donnerstag, 26. Juli 2012

Nikitins Hautspiele und Bayreuths Festspiele

Unanständig, ekelerregend, abstoßend, das sind die Attribute, die einem bei der unverschämt offenen Zurschaustellung der Brust des "Sängers" Nikitin zu Bayreuth einfallen. Nun sind Wagner und sein Musik nicht das, was einen von den "Hockern" holt. Schwülstig, langatmig und voller nordischer Lautmalerei, wen auch manchmal melodisch, hat diese Musik den Nazis sehr gefallen.
Und nun ein Sänger, auf dessen Brust Runen der SS, der Hitlerjugend und ein dickes, dickes Hakenkreuz "prangen". Er hat sie allerdings "überstechen" lassen, inzwischen, er wollte ja bei Wagners was werden. Passt irgendwie, ändert aber nix, und (nur) die politischen Korrektheit hat die heuchelnden Veranstalter gezwungen, solange Druck auf diesen Kerl auszuüben, bis er von sich aus geht. Ob er künstlerisch gut ist (man hat ihn ja nicht gehört), steht nicht zur Diskussion. Was müssen das für Geister sein, die einen Rockmusiker und Rechtslastigen zum Star der Bayreuther Festspiele machen wollten? Diese sind ja ein - ob man es nun gut heißt oder nicht - ein öffentliches geradezu nationales (sic) Ereignis, das ja nicht frei von Situationskomik und Selbstdarstellung ist. Erinnere man sich an Hitler und seine Winifred, erinnere man sich auch an den Auftritt Angela Merkels vor einigen Jahren, als sie mit fast freier Brust über den Roten Teppich der VIPs schritt?? Also - mit Geschmack haben diese Festspiele schon lange nichts mehr zu tun.
Und sie sind auch ein Gesellchaftsspiegel. Narr, wo bist Du, diesen Spiegel hoch zu halten? Diese eklen Hautspielereien, Tatoos nennt man sie wohl. Überall tauchen sie auf, gerade jetzt im Sommer. Metallringe in der Nase, den Lippen und sonst wo -"Piercing" als Spielart der "angesagten" Selbstverstümmelung gehört auch dazu. Das ist als Mode unstrittig. Beschneidungen aber sind DAS Sommer-Streitthema derzeit - als Beispiel von semitischer Selbstverstümmelung… Heuchelei überall. Nur sieht man sie nicht.

Samstag, 21. Juli 2012

Erhöht die Fallzahlen, liebe Kollegen!

Irgendwie ist es immer wieder das Gleiche: Geheucheltes Entsetzen, Medienaufschrei, brutalst-mögliche Aufklärung und Nachdenken über Konsequenzen: der neue "Skandal" bei den Göttinger Transplantationschirurgen zum Team Lebertransplantation.
Da habe ein Kollege bei Empfängerpatienten "künstlich" Patientenakten bedarfsgerechter gemacht, indem er Daten gefälscht habe. Bisher steht weder fest, ob er von den Patienten dafür Geld genommen hat noch ob er als Einzel"täter" agiert hat. In den Medien ist eine Unschuldsvermutung sowieso nie angesagt.
Es ist ein bekannter Reflex, dass man sofort die finanziellen Vorteile des Kollegen diskutiert, der offenbar als Verantwortlicher diese Daten gefälscht und dafür gesorgt hat, sodass manche Patienten früher an ein begehrtes Spenderorgan kamen als andere.
Ethisch vertretbar ist das natürlich nicht, besonders wenn er sich diesen Dienst vom Patienten hat bezahlen lassen.
Aber in Nebensätzen scheint dann ein anderer, vielleicht der eigentliche, der wahrscheinlichere Beweggrund des Kollegen auf: die vertragsbedingte Leistungs-Abdingung durch den Träger. Heute sehen viele Arbeitsverträge mit den sogenannten Entscheidern vor, dass wegen der Auslastung von Geräten und Personal möglichst viele Leistungen innerhalb der DRG-Vorgaben erbracht werden, um die Fallzahlen zu erhöhen. Man nennt das Zielvorgaben. Dann gibt es nämlich Geld von der Kasse für das Krankenhaus, und auch (legitimes?) Geld für den Arzt…
Transplantationen bringen viel Geld, aber leider können mit ihnen nur geringe Fallzahlen erbracht werden. Die Spender lassen sich halt immer noch sehr bitten.
Also werden falsche Anreize gesetzt. Das berührt übrigens auch Felder der organisierten Kriminalität. Die Leistungsanreize können aber so gravierend sein, dass der Kollege sogar um seinen Arbeitsplatz fürchten muss. Also wird er tätig. Sollte das ein Beweggrund für den Kollegen gewesen sein, dann ist das ethisch natürlich unentschuldbar, und und strafrechtlich möglicherweise zu ahnden, und die Konsequenzen müssen dann getragen werden (von wem eigentlich?).
Aber es ist eben auch wieder der grundsätzliche Systemfehler unserer ökonomisierten Medizin anzuschuldigen. Und dass ein offenbar bekannter Transplanationsexperte heute im Radio von dieser "Ökonomisierung" der Medizin als etwas Unvermeidbarem sprach, das ist der eigentliche Skandal!

Freitag, 13. Juli 2012

Geschnitten - beschnitten?

Die deutsche Perfektionsmaschine, kristallisiert in ihren Justizorganen, hat sich sehr geschnitten, wenn sie die an sich klare Sachlage einer Körperverletzung beim Beschneidungsvorgang der Juden und Muslime in ein Verbot religiöser Überlieferungen mit hohem Aktualitätsbezug umschreibt.
Die Presse nimmt sich des Verfahrens in gewohnt unheimlich-unkritischer Art an und meint sich damit einen Dienst im Sinne von Transparenz zu tun. Weit gefehlt. Vermischt es noch mit der menschenunwürdigen Mädchenbeschneidung, die weiss Gott (!) andere Gründe hat!
Das Beschneidungsritual der Juden ist bei diesen und den Muslimen ein hohes kulturelles und religiöses Gut. Ein Verbot "beschneidet" die Religionsfreiheit. Das hätten sich die wohl eher dummdreisten Richter an diesem Landgericht bei der Urteilsfindung wohl überlegen müssen.
Der berechtigte Sturm der Entrüstung zumal bei den Juden, weniger bei den Muslimen (warum nur?)ist groß, und es ist dieses Urteil mehr als eine juristischer Wertung, es ist ein Eingriff in die Ausübung von Religion allgemein in unserem freien (?) Lande. In diesem kann doch "jeder nach seiner Facon selig werden", oder doch nicht?
Ich finde es wunderbar, wenn Bräuche lebendig eind, die mit einem tiefen Verständnis von Tradition und Geschichtsbewusstsein zu tun haben. Unsere Religion ist da weitaus säkularer, und dieser Widerspruch in sich kennzeichnet schon die ganze vermaledeite Situation. Glauben und Tradition, die so eng verwoben sind, können in unserer Kultur rational hinterfragt werden, und werden damit aufgehoben. Siehe Gottesteilchen! Und wenn die Anbiederungsversuche der evangelischen Kirche, die jetzt sogar den Papst anerkennen will, bei der anderen Couleur richtig gedeutet werden, verläßt auch dieses geradezu komische Gebaren den Raum reiner, freier und traditionsbegründeter Religionsausübung.
Ich fürchte einen neuen Kulturkampf. Dixi.

Mittwoch, 11. Juli 2012

Gottesteilchen

Jetzt hat die Natur-Wissenschaft ihren Triumph (den aber niemand außer den Wissenschaftlern so richtig versteht) und der heißt in der gegenwärtigen Medienhype "Gottesteilchen"! Es handelt sich um das sogenannte Higgs-Teilchen, das angeblich jetzt im CERN neu entdeckt wurde, wobei keiner genau weiß (außer den Physikern natürlich - und die schwafeln auch ganz schön), um was es ich dabei handelt.
Man muss sich das mal richtig vorstellen (wenn man es denn kann), dass eine durchgeknallte Presse aus einem "gottverdammten Teilchen" ein "Gottesteilchen" machte, weil sich das besser verkaufen ließ. Letzteres sicher. Denn nun weiß jeder, dass es ich um ein "letztes Teilchen" handelt, selbst wenn hier Gott als ein teilbares "Wesen" angesehen wird. Es wirft ein sehr erhellendes Licht auf das Selbstverständnis unserer Gesellschaft, wenn hier mit einem Begriff gehandelt wird, der eigentlich ein Tabu sein sollte. Früher wurde das unter der Kategorie "Blasphemie" abgelegt, mit durchaus barschen Folgen de für den Gotteslästerer (Folter, Verbrennung, Vierung, Schlimmeres).
Das haben wir heute nicht mehr…
Unsere Gesellschaft, die stolz darauf ist, kein Tabus mehr zu kennen, ziert sich mit de Vorstellung, nun doch wenigstens einen Teil dieses fragwürdigen Gottes naturwissenschaftlich abgeklärt zuhaben, und wenn ein Teil bekannt ist, kann es nur noch eine Frage der Zeit sein, den "ganzen" Gott "erkannt" zu haben. Da haben sich Generationen von aufgeklärten Philosophen bis Descartes darauf verlegt, den "Gottesbeweis" anzutreten, nun kommt CERN und die "Sache ist gegessen".
Irgendwie regt sich aber in der soeben kritisierten Gesellschaft ein wenn auch leichter Widerstand. Man möchte dieses Teil nicht mehr mit dem Präfix versehen und schämt sich (ein bisschen). Das ist seltsam, und rekurriert auf die Frage, ob es nicht doch was von einem blasphemischen Gewissen ist, das sich da regt? Hoffnung.
Es ging und geht nie um Teile, sondern immer im den ganzen Gott. Um den persönlich Erlebten. Um den Gott Hiobs und den Gott Moses'. Um den in den Psalmen. Um die Menschwerdung. Um die Vergebung. Und so denke ich: lass sie machen. Es rührt DEN nicht. Der Tanz ums Goldene Kalb ist ja doch längst Gesellchaftsphilosphie und Gott - naja, der ist trotzdem für uns alle da. Auch für Higgs und CERN.

Dienstag, 12. Juni 2012

Bedecke deinen Himmel, Zeus...

... mit Wolkendunst..., so Goethe in seinem Gedicht "Prometheus". Denn unter diesem Wolkendunst spielen sich Dnge ab, die selbst Prometheus nicht zum Anlass nehmen würde, "Menschen nach seinem Bilde zu formen"!
Was rede ich da? Nun, wir befinden uns in Völklingen, einer "Mittelstadt" - will Mittelmaß signalisieren? - im Saarland, die von der Bedeutung her, eher weniger als Mittelmaß ist, und eine Stadt mit absinkender Qualität des Wohnens sowohl als auch des Lebens allgemein. Man spricht anderswo im Saarland schon von einer sterbenden Stadt. Die Einwohner derselben, in er ich immerhin 24 Jahre meines erfüllten Berufslebens verbrachte, sind, soweit nicht Ausländer, Alte mit Vergangenheit. An der sie nach Möglichkeit festhalten. Was ist los?
Ich lebe in der Nachbarschaft zu einem höher gelegenen Ortsteil namens "Hermann-Röchling-Höhe", 1956 benannt nach einem hiesigen Industriellen und aktiven Kriegstreiber, Besitzer der "Röchlingwerke" bis Kriegsende.
Kurzer geschichtlicher Rückblick:
Der Betrieb war als reiner Rüstungsbetrieb mit der Herstellung von Kanonen und Granaten befasst. Hermann R. nahm Zwangsarbeiter, baute ein Straflager in der benachbarten Gemeinde Köllerbach und war "Wehrwirtschaftsführer" unter Hitler. Er bereitete den Ostfeldzug mit vor und beriet die Nazigrößen in Fachfragen. Er war also ein prominenter Nazi. 1945 tauchte er unter und wurde 1948 gefangen und als Kriegsverbrecher zu 10 Jahren Gefängnis verurteilt. Er kam aber schon 1953 wieder frei, durfte wenigstens das Saargebiet nicht mehr besuchen und starb in Mannheim 1955. In der Bevölkerung war er (als Nazi) nicht unbeliebt, stiftete er doch die Sozialsiedlung hier oben und gab (als Rüstungsbetrieb) Vielen Lohn und Brot. Dafür sind sie ihm hier in immer noch unverbrüchlicher Treue dankbar.
Jetzt gibt es Streit: Denn in dieser Woche haben die Linken im Rathaus vor, eine Umbenennung der Höhe in Völklinger Höhe o.ä. zu fordern, und stoßen damit auf den erbitterten Widerstand der Einwohner hier oben, die die Ehre des großen Nazis beschmutzt fühlen. Der OB Völklingens ist sogar ebenfalls Anwohner dieser Höhe. Und die können sogar auf eine Mehrheit hoffen, die Unterschriften sammelt. Aber auch die Befürworter sammeln Unterschriften; ich habe unterschrieben.
So bleibt also ein ganzer Stadtteil (mit Röchling-Denkmal übrigens) ein ehrendes Gedenken mindestens an einen Mittäter der Naziverbrechen. Das ist - eine Mittelstadt namens Völklingen.
Der Analogwitz wäre: Es gibt einen Platz vor dem Staatstheater in SB, der heißt Tbilisser Platz, denn SB ist Partnerstadt von Tiflis in Georgien. Nur: das Theater hat Adolf Hitler nach dem Anschluss 1935 "gestiftet", geschenkt. Da könnten Anwohner auf die Idee kommen, diesen Platz umzubenennen: "Adolf-Hitler-Platz". Absurd. Es fröstelt einen.

Samstag, 19. Mai 2012

Klartextmedien

Seehofer habe so genannten Klartext geredet, vorgestern, im ZDF-Fernsehen. Die Medien, diese verkappten Boulevardblätter alle, verlogene yellow press alle, verheben sich schier im Geschrei und in der einhelligen Meinung, da hab einer - und noch dazu Seehofer, Mann der bayerischen Grantigkeit - sich mal ohne wenn und aber der politischen Schwafelei entledigt und sich von der schwurbelnden Politklasse abgesetzt. Und sie überschlagen sich in der Formulierung, das wäre nun der Durchbruch zu Transparenz und allem dem, weswegen die Piraten so auf dem Vormarsch seien.
Ich habe mir die Sendung im Nachhinein angesehen. Also das war grundharmlos, was der abgelassen hat. Hat mal klargestellt, dass der Wahlkämpfer Röttgen in NRW grandiosen Mist gebaut hat. Aber das wussten doch schon alle. Und dass die Union Meister im Schwafeln ist, wussten wir doch auch schon alle. So what?
Aber so sind sie, die Medien. Wird alles hochgeschaukelt, selbst wenn es nichts Bewegendes ist, aber die Medien es dafür halten. Demgegenüber die Sache mit der Timoschenko. Erst hochwichtig und großkritisch, als es noch um die Fussballehre und die Boykottfrage ging, oder das, was man dafür hält. Dann aber plötzliche merkwürdige Stille. Und wenn überhaupt noch was kommt, dann sind es Kurzmeldungen, oder versteckte Nachrichten, etwa heute die, dass der deutsche Arzt von unvorstellbaren Zuständen in der Ukraine spricht, und dass er sien Amt als behandelnder Arzt niederlegt. Und dass Frau Timoschenko die Behandlung ihres Bandscheibenvorfalls abgebrochen hat.
Ich bin nicht der Meinung, das die ukrainische Politikerin eine saubere Weste hat, auch nicht dass das Krankheitsbild ein lebensbedrohliches ist, aber wenn man schon die Ukraine als diktatorisch bezeichnet, was sie sicher ist, und das öffentlich machen will, muss man das Verfahren gegen die Dame auch öffentlich weiter kritisieren. Aber: nichts. Stille. Die Stille nach dem Schuss? Aber welcher Schuss und wohin? Nach hinten?

Sonntag, 6. Mai 2012

business as usual

oder: wie die Mächtigen ihr Gesicht zu wahren verstehen!
John Kornblum, ehemaliger Botschafter der USA in Deutschland, erklärte ganz direkt, dass Frau Clinton der wirtschaftliche Erfolg ihrer Chinareise wichtiger gewesen sei als die Menschenrechte und das Schicksal des Dissidenten Chen. Das zunächst mal als Statement eines US-Bürgers. Und daraus kann man ersehen, wie skandalös der Umgang der USA, in der Person Clintons, mit einem vom chinesischen Regime Verfolgten ist. Die Umstände des gesamten Vorganges sind allerdings diplomatisch-mysteriös: Da war erst die Meldung, dass dieser Dissident aus der Gewalt "lokaler" Behörden entkommen sei, die ihn gehasst haben sollen, wegen seiner Unbotmäßigkeit und seines Eintretend für eine Mehrkinder-Familie im Gegensatz zur Einkind-Politik der chinesischen Regierung. Kann es sein, dass "lokale" Behörden was tun, ohne die Sanktion übergeordneter Parteiorgane? Nach meiner Kenntnis nicht, nie.
Dann die Flucht in die US-Botschaft. Inszenierung? Unglaubliches Schweigen dort vor dem Besuch der Frau Clinton, die über Wirtschaftsthemen (worüber sonst) reden wollte. Dann plötzlich, als es nicht mehr anders ging, öffentliche Info, das dieser Chen (übrigens blind) die Botschaft "freiwillig" verlassen und in China bleiben wolle. Was er dann auch tat, so dass die Botschaft ihr Gesicht wahren konnte, vorläufig. Die Chinesen haben dann erklärt, dass er in einem Krankenhaus (wegen eines auf der Flucht verletzten Fusses) behandelt werden könne und dann an "sicherem Ort" mit seiner Familie untergebracht werden solle, als Schutz vor den besagten "lokalen" Behörden. Gesicht wahren eben. Unter der Hand sickerte durch, dass seien Familie massiv bedroht wurde. Was glaubhaft ist, und den Skandal dessen, was sich in der Botschaft abspielte, nur größer macht. USA als Verfechter der Menschlichkeit?
Neuesten Nachrichten zufolge ist es dem Chen dann (Überraschung) möglich gewesen, sogar mit dem amerikanischen Kongress zu telefonieren. Unglaublich, und vollends undurchsichtig - denn der Übersetzer dort war der engste Freund dieses Chen und Vorsitzende reiner Menschenrechtsorganisation in den USA. Nunmehr will er doch ausreisen, ohne Familie, und in den USA studieren. Jura. Hat wohl mächtige Freunde dort.
Es ist eine Tragikomödie, die sich da vor unsern Augen abspielt. Traurig, lachhaft, wenn man nicht eher weinen sollte. Die Mächtigen dieser Welt verteidigen die Ökonomie und die Interessen der Profiteure, wie schon immer. Egal wer dieser Chen wirklich ist.

Mittwoch, 2. Mai 2012

Das gelobte Land

Am 24.4. liefen die letzten zwei Teile des Vierteilers "Das gelobte Land" von Peter Kosminsky (er ist Großbritanniens bedeutendster und umstrittenster Film-und Fernsehregisseur). Ich habe diese vier Teile, die die Geschichte Israels und Palästinas aus der Sicht eines britischen Armee-Sergeants (Len) in den 40ern und die gegenwärtige Geschichte aus der Sicht einer englischen Abiturientin schildern, mit großem Interesse gesehen. Der Film ist grandios. Und er ist sehr israelkritisch, eindringlich die Meinung Grass' bestätigend.
Ein Satz blieb besonders im Gedächtnis: "Ein Staat, so sehr auf Gewalt und Bösartigkeit gegründet ist, kann nicht in Frieden existieren!" Gemeint ist der Staat Israel.
Nun kann man die Frage der Gewalt sicher nicht auf den israelischen Staat beschränken, sondern muss auch die Palästinenser und andere arabische Scharfmacher einschließen. Nur, was Israel angeht, so hat sich der Staat nie um die Belange seiner Nachbarn gekümmert, sondern reine (fast imperialistische) Expansionspolitik betrieben. Siedlungen im palästinensischen Gebiet? Nie kritisch hinterfragt. Zweistaaten-Theorie? Nie wirklich vertreten. Und ich meine hier nicht das Volk Israels mit seinen vielfältigen ethnischen Wurzeln aus der ganzen Welt, sondern die Regierungen und deren rechte Gesellen. Klar, die Übergriffe der Palästinenser mit Selbstmördern und Raketen sind nicht akzeptabel, aber sind sie nur Attacke oder Aktion, nicht auch Reaktion? Spirale der Gewalt, schreiben unsere Medien oft, das trifft die Sache ziemlich, nur ist die Diagnose noch keine Therapie.
Der Film aber - der macht nachdenklich, denn die Wurzeln von allem liegen in diesen unruhigen und mörderischen Tagen der Jahre 45-48. Da wurden die Araber zu richtigen Feinden.

Freitag, 27. April 2012

Medizin und die Ökonomieseuche

Im letzten Ärzteblatt fand sich eine bemerkenswerte Bestandsaufnahme des inneren Zustandes unsere Medizin und der darin tätgen Ärzte. Es wurde dort nämlich die Diagnose einer fast hoffnungslosen Ökonomisierung dieser Medizin gestellt - mit einer düsteren Prognose. Nun kennen wir alle das Problem, und in diesem Artikel wurde auch nichts anders getan, als - wenn auch schonungslos und ungeschminkt - das Problem aufgezeigt, von einem Medizinethiker immerhin. Doch es stellt sich natürlich die Frage nach einer Therapie.
Und die ist eben schwierig, multifaktoriell und bewußtseinsabhängig. Die Diagnose des Patienten Medizin ist ja auch eine Diagnose des Zustandes unserer Gesellschaft, die in eklatanter Weise von den Gegebenheiten der "Märkte" - so heißt das eben - abhängt. Das kann man im Kleinen erkennen, etwa wenn die ohnmächtigen Versuche der Politik scheitern, eine Firma vor dem Konkurs zu retten oder Verlagerungen von Firmenzentralen zu verhindern, wie hier im Saarland zu beobachten. Im Großen haben wir die kapitalistischen Groß-Maschinen der Formel I, der UEFA und anderer im Spiel, die das Mantra von der politischen Neutralität des Sports verkünden und doch wissen, dass es hochpolitische finanzielle Einflussnahmen auf Staat und Gesellschaft sind. Niemand würde auf die Idee kommen, in der Austragung der EM in der Ukraine etwas anders als eine politische Demonstration zu erkennen, aber eben eine, sich dem Ungeist und der Unmenschlichkeit des Systems zu unterwerfen. "The games must go on" (Avery Brundage), das war 1972 und ist jetzt auch unumstößliches Gesetz.
Doch wo Gefahr ist, wächst das Rettende auch...
Da ist es nämlich wohltuend und zielführend, zu lesen, dass Gauck seine Reise als Bundespräsident in die Ukraine abgesagt hat. Farbe bekennen. Gut so.
Nur, um zum Ausgangspunkt zurückzukehren, das ist für die Medizin natürlich keine Lösung. Die Medizin ist dem ökonomischen Prozess "verfallen".Zu sehr sind wir als Ärzte schon in den ökonomischen Prozeß eingebunden. Wir müssten ja um unsere Arbeitsplätze fürchten. Und was sollten wir tun? Streiken? Es reicht schon, sich die Misere bewußt zu machen. Und selbst da hapert es schon.

Mittwoch, 11. April 2012

Gut zu lesen

Grosser schrieb dies in der Süddeutschen Zeitung. Und das ist gut zu lesen. Denn so wie man auf den armen GG einschlägt, mit vereinten und "gleichgeschalteten" Kräften, das ist schon einmalig. Aber erwartbar, wenn auch kaum ertragbar.
Auszüge:
"Weil er etwas Vernünftiges gesagt hat in seinem sogenannten Gedicht. Es ist natürlich kein Gedicht, aber was darin steht ist doch viel wichtiger als die Form: Die israelische Regierung provoziert. Doch was passiert, wenn sie Iran wirklich angreift und was ist, wenn Iran dann Raketen hat, mit denen er Tel Aviv angreifen kann? Dann ist der Krieg los."
oder
"Ich frage: Wer hindert sie denn daran? Wo war zum Beispiel die Kritik bei der Lieferung des letzten Unterseeboots von Deutschland an Israel? Da gab es ein bisschen Kritik von den Grünen, sonst nichts. Auch wenn ich bei Ihnen im Land in Gymnasien bin, fragen mich Primaner, wie man als Deutscher mit Israel umgehen müsse. Denen sage ich, dass sie keine Schuld tragen, dass sie aber die Pflicht haben, an Hitler und das Dritte Reich zu denken und heute die Menschenwürde überall zu verteidigen. Das gilt dann aber bitte auch für die Palästinenser. Und wenn Israel solche Werte vertritt, dann bitte auch gegenüber den Palästinensern."
Und was ist mit der Bombe? Da kann man doch mal fragen, wozu die Israelis die brauchen. Antwort: für ein kleines Hiroshima? Mindestens sollten sie mal Kontrolleure etwa von IPPNW ins Land lassen.

Freitag, 6. April 2012

DAS GEDICHT

Das Gedicht von Günter Grass
"Was gesagt werden muss" - das Gedicht im Wortlaut
Wir dokumentieren den Wortlaut des Gedichtes "Was gesagt werden muss" von Günter Grass in voller Länge.

Das Gedicht erschien in der "Süddeutschen Zeitung" und der "La Repubblica".

Warum schweige ich, verschweige zu lange,
was offensichtlich ist und in Planspielen
geübt wurde, an deren Ende als Überlebende
wir allenfalls Fußnoten sind.

Es ist das behauptete Recht auf den Erstschlag,
der das von einem Maulhelden unterjochte
und zum organisierten Jubel gelenkte
iranische Volk auslöschen könnte,
weil in dessen Machtbereich der Bau
einer Atombombe vermutet wird.

Doch warum untersage ich mir,
jenes andere Land beim Namen zu nennen,
in dem seit Jahren - wenn auch geheimgehalten -
ein wachsend nukleares Potential verfügbar
aber außer Kontrolle, weil keiner Prüfung
zugänglich ist?

Das allgemeine Verschweigen dieses Tatbestandes,
dem sich mein Schweigen untergeordnet hat,
empfinde ich als belastende Lüge
und Zwang, der Strafe in Aussicht stellt,
sobald er missachtet wird;
das Verdikt 'Antisemitismus' ist geläufig.

Jetzt aber, weil aus meinem Land,
das von ureigenen Verbrechen,
die ohne Vergleich sind,
Mal um Mal eingeholt und zur Rede gestellt wird,
wiederum und rein geschäftsmäßig, wenn auch
mit flinker Lippe als Wiedergutmachung deklariert,
ein weiteres U-Boot nach Israel
geliefert werden soll, dessen Spezialität
darin besteht, allesvernichtende Sprengköpfe
dorthin lenken zu können, wo die Existenz
einer einzigen Atombombe unbewiesen ist,
doch als Befürchtung von Beweiskraft sein will,
sage ich, was gesagt werden muss.

Warum aber schwieg ich bislang?
Weil ich meinte, meine Herkunft,
die von nie zu tilgendem Makel behaftet ist,
verbiete, diese Tatsache als ausgesprochene Wahrheit
dem Land Israel, dem ich verbunden bin
und bleiben will, zuzumuten.

Warum sage ich jetzt erst,
gealtert und mit letzter Tinte:
Die Atommacht Israel gefährdet
den ohnehin brüchigen Weltfrieden?
Weil gesagt werden muss,
was schon morgen zu spät sein könnte;
auch weil wir - als Deutsche belastet genug -
Zulieferer eines Verbrechens werden könnten,
das voraussehbar ist, weshalb unsere Mitschuld
durch keine der üblichen Ausreden
zu tilgen wäre.

Und zugegeben: ich schweige nicht mehr,
weil ich der Heuchelei des Westens
überdrüssig bin; zudem ist zu hoffen,
es mögen sich viele vom Schweigen befreien,
den Verursacher der erkennbaren Gefahr
zum Verzicht auf Gewalt auffordern und
gleichfalls darauf bestehen,
dass eine unbehinderte und permanente Kontrolle
des israelischen atomaren Potentials
und der iranischen Atomanlagen
durch eine internationale Instanz
von den Regierungen beider Länder zugelassen wird.

Nur so ist allen, den Israelis und Palästinensern,
mehr noch, allen Menschen, die in dieser
vom Wahn okkupierten Region
dicht bei dicht verfeindet leben
und letztlich auch uns zu helfen.

(Quelle: Süddeutsche Zeitung)

Mittwoch, 4. April 2012

Israel und Günter Grass und HM Broder

Die WELT hat heute einen merkwürdigen Aufmacher: sie läßt ihren Hauskolumnisten Broder sagen: "Nicht ganz dicht, aber ein Dichter" und meint damit den Schöpfer der "Blechtrommel". Der soll in einem Gedicht unter anderem (!) gesagt haben:
"Doch warum untersage ich mir, jenes andere Land beim Namen zu nennen, in dem seit Jahren – wenn auch geheimgehalten – ein wachsend nukleares Potential verfügbar aber außer Kontrolle und keiner Prüfung zugänglich ist?"
Ist er deshalb nicht ganz dicht? Mal abgesehen davon, dass das gegenüber einem unserer geistigen Mitgestalter grob ungehörig ist, trifft Grass damit eine zwar politisch unkorrekte Grundaussage über Israel, die von allen den Politikern und den Medien, die hier Hand in Hand arbeiten, unter dem Teppich der schamhaften Verschwiegenheit gehalten wird.
Aber sie stimmt völlig. Israel hat eine Atombombe, die unkontrolliert und unbeaufsichtigt als Angriffswaffe in einer hochbrisanten Region vorgehalten wird. Nur: niemand spricht darüber, und die Öffentlichkeit wird gelenkt auf ein Szenario, in dem nicht Israel sondern der Iran die Hauptrolle des Bösen zu spielen scheint. Nur - von dem ist bisher nicht bewiesen, dass dessen Atomprogramm friedlichen Zwecken dient (wahrscheinlich nicht), aber von Israel verschweigt man zwar die Existenz einer Waffe, doch jeder weiss, dass es sie gibt - und die dient sicher nicht friedlichen Zwecken.
So what? Grass nicht dicht? Grass ein verdeckter Antisemit? In Deutschland wird Kritik an Israel fast reflexartig mit Antisemitismus gleichgesetzt. Das ist auf dem Hintergrund der Geschichte der Naziverbrechen erklärbar, aber nicht entschuldbar. Israel ist ein Staat wie jeder andere, will es auch sein, selbst wenn er in der Region im Streit steht, und muss sich wie jeder andere Staat Kritik gefallen lassen.
Klar ist auch: Wir Deutschen sind Freunde Israels, und der Staat Israel ist als Staat unverzichtbar. Freunde aber dürfen und müssen kritisieren.
Aber wir sind Meister des Verschweigens sachlicher Zusammenhänge, und Broder sollte wenigstens das akzeptieren.

Samstag, 31. März 2012

Wahl an der Saar

Das schrieben alle Zeitungen: das Saarland hat gewählt und die FDP geschlachtet. Dafür gibt es jetzt die Piraten im Landtag, in jenem des kleinsten Flächenstaates der BRD. Und die beiden "Großen"? Nu - sie machen's miteinander. Koch ist nun leider mal AKK und Kellner der Marathonmann mit Dreitagebart. Aber ist er das wirklich? Was bedeutet es, wenn AKK dauernd betont, dass sie auf "Augenhöhe" verhandeln wollen? Eine Art gleichberechtigte Partnerschaft? Wenn man die machtbewußte (-besessene?) AKK betrachtet, hat man da so seine Zweifel. Immerhin geht es um Mindestlöhne, Tarifrecht und Schuldenbremse, was die SPD als Kernaussagen vertritt. Kann sie das durchsetzen? Wäre das nicht besser mit den Linken gegangen? Ohne Oskar, versteht sich?
Und es geht, was Insider bedenken, auch um die Existenz des Saarlandes. Diese Insider wollen wissen, dass das Saarland die nächsten zehn Jahre nicht überlebt. Wozu auch? Es ist ein Land ohne Zukunft, Peugeot hat jetzt gekniffen, landestypische Firmen wie Höll (Lyoner) oder der Bauhof Praktiker, haben schon das Weite gesucht oder sind insolvent. Andere werden folgen.
Was die Regierung dagegen tun kann, ist mir schleierhaft.

Freitag, 16. März 2012

Der SPIEGEL - Hilfe für das Herz

In gewissen Abständen erlaubt sich der Spiegel mit zumeist gut recherchierten Artikeln zum Thema Herzkrankheiten Stellung zu nehmen. Meist sogar sind die neuesten Studienergebnisse referiert. Diesmal nun: was gibt es Neues in der Behandlung der Herzkrankheiten?
Unter der Überschrift "Selbstheilende Herzen" greift der Artikel drei Komplexe aus der Rubrik "koronare Herzkrankheit" auf:
1. "natürliche" Bypassbildung
2. Statineinsatz auch als vorbeugende Maßnahme
3. neue Behandlungsmöglichkeiten ("Herzhose")
Dass die natürliche Bildung von "Kollateralen" - also Ausbau von Gefäßbrücken zwischen erkrankten und gesunden Gefäßen - funktioniert, wissen die Kardiologen schon lange, aber auch, dass die Qualität dieser Bypässe meist die der "künstlichen" Bypässe und auch die der "gestenteten" Gefäße nicht erreicht. Auch ist bekannt, dass die klassische Form der Angina pectoris unte Belastung, die sog. stabile Angina p., von einer Intervention nicht profitiert, was der Artikel breit ausführt. Aber die Ausnahmen, die es gibt (schlechte Herzfunktion und Mehrgefäßerkrankung), dazu wird aber im Artikel nicht Stellung genommen.
Dass über die Güte und Entstehung der Kollateralen (die offenbar durch Sport begünstigt werden!) geforscht wird, ist sicher gut, erfüllt aber die "Interventionalisten" und die daran hängende mächtige Industrie mit großer Sorge. Man versucht, zu blockieren und die Ansätze als unerheblich abzutun. Das ist kennzeichnend für diese Konnektion, in der richtige Erkenntnisse, wenn sie nicht ins Profitkonzept passen, unterdrückt werden. Immerhin finden aber renommierte Kardiologen, wie Erdmann und Schuler, kritische Worte über diese Einstellung und geben der Kritik sogar recht. Erstaunlich! Und insoweit ist der Artikel wieder gut und richtig.
Zu der Wertigkeit der Statine bei Patienten ohne Infarktvorgeschichte, sondern nur mit erhöhtem Cholesterin (aber vielleicht anderen Risiken?) gehen die Meinungen auch in der "offiziellen" Literatur auseinander. Richtig also, auf diese Unklarheiten im Artikel hinzuweisen? Leider wird das nicht schlüssig abgehandelt, denn es wird nur angerissen, dass der Einsatz bei solchen Menschen fraglich "erscheint", das wird aber nicht belegt. Stattdessen Diskussion über Ezetimib, neu und dennoch voll im Einsatz, was nicht gut ist. Richtig, dass gesagt wird, die Industrie hat Vergleichsstudien bisher vermieden. Wir haben die mächtige Pharmaindustrie vor uns, die im Verein mit den willigen Ärzten immer wieder , auch ohne Korrektheit und Evidenz, große profitable Erfolge feiert.
Zum Schluss die Herzhose. Das allerdings ist ein klassischer Aufmacher mit marktschreierischem Effekt. Wir kennen dieses merkwürdige, lustige Ding als sog. extrakorporale Gegenpulsation (als nichtinvasives Gegenstück zur IABP). Da zuckte es immer mal wieder an Patienten im cardiogenen Schock, dieser ernsten Erkrankung, - wir litten fast selber mit diesen Patienten. Aber jetzt das... Vielleicht sollte man tatsächlich eine Studie anstrengen, aber dann auch bitte mit dem Aspekt der Patientenfreundlichkeit.

Also zusammengefaßt: ordentlicher Artikel, zum Teil korrekt, tendenziös, halb klar, halb unklar, aber doch lesenswert. Typisch Spiegel eben.

Sonntag, 11. März 2012

Deutschlandradio Kultur - Dudelradio Kultur

Alan Posener, Kolumnist der WELT, schrieb kürzlich: "als Intellektueller, der etwas auf sich hält, hörte ich früher beim Zähneputzen, Frühstückmachen und Autofahren immer Deutschlandradio Kultur. Zunehmend jedoch geht mir der Sender auf den Wecker. Man muss sich nur anhören, was auf der Frequenz gleich nebenan die Kollegen vom BBC World Service liefern, um zu begreifen, was der Unterschied ist zwischen Qualitätsrundfunk und Daddelradio".
DRKultur war (und ist immer noch) mein am häufigsten gehörter Sender, allein schon weil er ohne Werbung läuft, und bisher immer gut informiert hat. Allerdings ist mir die musikalische Begleitung zunehmend auch etwas, das mir auf den Wecker (und auf den Geist) geht. In der Tat, die Moderatoren kommen mir schon vor wie bessere (oder schlechtere?) DJs, und wenn es stimmt, dass über 40% der Beiträge des DLR Musikbeiträge sind, kommt der Begriff Dudelfunk dem ja schon recht nahe.
Und ich meine: Dudelfunk auf höherem Niveau ist auch Dudelfunk. Etwas mehr Klassik wäre schön.

Freitag, 2. März 2012

it is awful...

Und wieder grüßt das Murmeltier Wulff, der verschlagene Schwiegersohntyp. Der bekommet 280.000 Euro "Ehrensold" lebenslang. Mein sozialdemokratisches Gerechtigkeitsempfinden ist nachhaltig gestört. Die politische Klasse müsste eigentlich das neue Kampfziel aller Benachteiligten sein. Ich fasse es nicht. Wie lange muss eine Dussmann-Beschäftigte in prekärer Lohnabhängigkeit dafür wohl schuften? Kann man kaum ausrechnen, ist aber astronomisch.
Und dieser W., der als Bestechungspräsident in die alternativen Geschichtsbücher eingeht, sahnt ab. Weil einer seiner Busenfreunde namens Hagebölling oder so offenbar dafür gesorgt hat. Vielleicht kriegt der die Hälfte ab und Lügner W. bekennt sich medienwirksam (muss ja auch mal sein) dazu,diesen Bestechersold reduziert zu haben.
Der einzige Weg, weiteren Schaden abzuwenden, wäre, das Geld Bedürftigen zu spenden. Aber eher passt ein Kamel durch ein Nadelöhr...

Mittwoch, 22. Februar 2012

der Neue

Um es vorweg zu nehmen: ich habe auch bei der Wahl zum "Buprä" 2010 Gauck favorisiert. Nun tue ich es logischerweise wieder. Nicht weil er Protestant ist, das nicht. Oder doch? Ein bisschen? Wegen der "Entweltlichung" eine Verweltlichung?? Vom Irrationalen zum Rationalen? Ich finde vor allem, dass Gauck dieses Unverzichtbare, diese Aura der Unabhängigkeit hat, die er im Amt hoffentlich nicht verliert. Doch gibt es ein paar Anmerkungen:
1. Der Parteienrummel und die Anbiederung der FDP bei der SPD war erstaunlich und abgeschmackt. Wieder nur politisches Gerangel. Aber hat man was anderes erwartet? Herr, schmeiß' Hirn ra'.
2. der Ausschluss der Linken aus dem "Findungsprozeß" - wenn es denn einer war - durch Angela war unwürdig und undemokratisch. Der Linken kann man den Vorwurf der Grundgesetzfeindlichkeit nicht machen. Das unterscheidet sie von der Rechtspartei.
3. Der Versuch der Medien, schon jetzt, da er nur Kandidat ist, in seinem Privatleben zu wühlen, seine Lebensgefährtin in die Schlagzeilen zu rücken und Bilder zu zeigen, die ihn zusammen mit Maschmeier und Ferres zeigen, zeugt von wenig Taktgefühl. Hat man was anderes erwartet? Das haben die Medien nun mal nicht, und es drängt sich auch der Verdacht auf, das Wulff doch mit über die Medien-"Kampagne" gestürzt ist. Vierte Gewalt eben. Leider.
4. Gauck-Äußerungen über Sarrazin - da ist er nicht der Einzige, der ihn mutig findet. Denn Deutschland schafft sich über die Geburtenrate ab, denn die Muslime zeugen nun mal mehr Kinder als wir. Denken tun das vielen, politisch korrekt ist es nicht. Also: Gauck ist mutig.
5. Die Occupy-Bewegung, ist sie nicht tatsächlich albern, mit ihrem Guy-Fawkes-Habit? Die Sache selbst, d.h. Kapitalismuskritik, ist ja richtig und notwendig, aber ein paar vermummte Fatzkes ändern die Grundprobleme nicht, da muss schon mehr Revolutionäres her.
Fazit: lasst uns mit Gauck mal schauen, ob ein Bundespräsident für Deutschland notwendig ist oder nicht. Denn manche bezweifeln das.

Samstag, 18. Februar 2012

weg isser

Nu isser weg, der Wulffi. So oder ähnlich in Facebook. Ich habe mich ja schon lange als Verfechter dieses Wunsches geoutet, und jetzt, nach langer Zauder-Zeit (viel zu langer Zeit) ist es endlich passiert. Funktioniert unsere Demokratie denn tatsächlich noch? Interessant an der neuen Medienhype, die schon etwas selbstgefällig zur Tagesordnung des "Nach-Vorne-Blickens" übergeht, die Beobachtung der handelnden Personen gestern im Fernsehen. Es war das ernste, angegriffen wirkende und doch etwas verschmitzte Pokerface des Abtretenden, von dem nichts bleibt ausser der Schimäre "der Islam gehört zu Deutschland", das auffiel, mehr aber noch der betont und sicher gewollt betont aufrechte Gang seiner Ehefrau. Diese trug während des ganzen Geredes ihres Gatten eine Art abwesendes, hoheitliches und überhebliches Lächeln vor sich her - einerseits: "was geht mich der ganze Sch... hier überhaupt an", und andererseits: "ihr Journaille, ihr könnt mich mal. Ihr habt uns das hier eingebrockt". So geht eine Diva, aber eine die leider keine mehr ist. Gut sah sie aus in ihrem Kostüm, aber das war schon alles. Ihre Attitüde und der Satz des Gatten "die Medien haben uns verletzt", zeugt von der ganzen Überheblichkeit und Uneinsichtigkeit, ja Heuchelei dieses Kerls und seiner Gschpusi. So, und das wars. Hoffentlich kommt nun Gauck!!

Donnerstag, 16. Februar 2012

Darüber reden...

Wenn man durch den Regen geht, spannt man einen Schirm auf. So ist das.
Keine Angst - es geht nicht um "Rettungschirme"! Regen ist ein Naturereignis, und man kann den Guss nicht abstellen. Was soll diese Anmerkung, die an Binsigem nicht zu überbieten ist?
Nun, es war eine Pressemeldung, die mich heute interessierte: Es ging um die Veröffentlichung eines mir unbekannten Fussballers über seine im Verlaufe seiner Ball-Tätigkeit erlebten Depressionen. Man müsse "darüber reden", das nennt man im Pressedeutsch "Enttabuisierung". Dies war auch schon der Fall im medialen Ereignis "Enke" vor einigen Jahren; damit befasst sich sogar eine Stiftung gleichen Namens. Man soll auch über z.B. häusliche Gewalt, über "Kindesmißbrauch" "reden". Man soll einfach nicht schweigen - denn dadurch würde man, so die Meinung, das Unheil erträglicher machen. man erinnere sich: die Diagnose der Jetztzeit mit der höchsten Zuwachsrate ist die von psychischen Störungen, von Unzufriedenheit am Arbeitsplatz.Depressionen sind "Mode", man spricht sogar schon vom "Depri" in der Jugendsprache, und mir kommt es vor, dass dieses Reden über Depressionen etwas zu tun hat mit der Metapher vom Aufspannen eines Regenschirms. Vor ein paar Wochen hörte ich einem Vortragsabend über Mobbing zu. Es ging darin um die Möglichkeiten, sich vor dieser erschreckenden, zunehmenden Unmenschlichkeit am Arbeitsplatz zu schützen. Sehr großsprecherisch traten da Psychologen und (meist weibliche) Psychotherapeuten auf, die wortreich und bedenkenlos schwadronierten, dass Kurse, Gespräche und eben "das Reden darüber" die wichtigsten Instrumente zur Bewältigung dieser existentiell bedrohlichen Situationen seien. Take it easy, war die Botschaft.
Nun: kein Wort wurde und wird darüber verloren, dass man - das sagt der Arzt - eigentlich erst die Diagnose stellen sollte, um dann eine geeignete wirksame und nebenwirkungsarme Therapie anzuwenden. Diese richte sich nach den Ursachen, weniger nach den Symptomen. Dies kann zwar sinnvoll sein, aber immer nur vorübergehend, oder - ganz schlimm - als Palliativmaßnahme. Dieses "Reden darüber" kommt mir wie letzteres vor. An die eigentlichen Ursachen wird nicht gerührt. Die sind immer noch tabu! Unsere Arbeitswelt ist schwierig, und das ist eine nur unvollkommene Umschreibung. Sie ist nämlich derartig leistungsabhängig und dadurch antikollegial, dass es einen als Rentner graust, wenn alle nun danach rufen, dass nun auch die Älteren -wer ist das? - wieder an die Arbeit zurückkehren sollen. Ich bin und war zwar kein Gegner von notwendiger Leistung, habe selber gebührend erbracht, möchte aber nicht in diese Arbeitswelt, bei der nichts anderes mehr zählt, zurückkehren, die aber kein Naturereignis ist, dessentwegen man einen Schirm aufspannen kann. Sie ist menschengemacht und menschenverachtend. So ist das. Und daher bleibt einem nur, an die Wurzeln zu gehen und diesen menschenverachtende Verhalten zu verhindern. Wie? Anprangern, öffentlich machen, oder: fatalistisch sein und Palliativmaßnahmen anwenden… Wenn schon "reden", dann über den Arbeitsplatz oder über das, was einen krank macht. Und wütend sein, dass unsere Arbeitswelt so schlimm geworden ist.
Eigentlich weiß ich auch kein Patentrezept. Vergeblichkeiten und Ohnmachten bestimmen wie immer unser Handeln, die wir mit Blindheit geschlagen sind.
Aber das Ausweichen vor der eigentlichen Ursache kann auf Dauer nicht richtig sein.
Und die Betroffnen leiden.

Freitag, 10. Februar 2012

Demenz

Talkshows machen vor nichts halt.
Wenn ich Alzheimer höre, schreckt mich das, mehr aber erschreckt mich der Umgang mit dieser privaten und bisher unheilbaren Erkrankung in der Öffentlichkeit, sprich in den Talshows. Die kriegen sich ja gar nicht mehr ein vor thematischer Zuneigung. Das schwankt zwischen weinerlichem Sympathiegehabe und erhobenem Zeigefinger, zwischen Trauer und Quote. Man macht heute öffentlich, was man lieber privat erledigen sollte. Man diskutiert in Talkshows (ekelerregend), wie eine so üble Krankheit erlebt wird und nennt das einen (erwünschten) Tabubruch. Dann jedoch geht man wieder zur Tagesordnung über - und der Pflegenotstand bleibt bestehen. "Schuldenkrise" is better to talk of.
Unsere Gesellschaft neigt dazu, das Private vollständig in die Öffentlichkeit zu zerren. Das nennt man wohl Allgemeininteresse, doch in Wahrheit ist es Voyeurismus, denn es ist damit die heimliche Zufriedenheit verbunden, dass es einen (noch) nicht oder dass es wieder den anderen getroffen hat. Es ist allerdings klar, dass die Altersdemenz eines der wichtigsten Themen für Gesellschaft und Medizin in der nahen Zukunft sein wird. Mich stört aber die Medienhype um dieses ernste Thema. Die ist bestürzend, entlarvend und typisiert unsere Gesellschaft, die nicht mehr auf Würde und Distanz, sondern nur noch auf Machbarkeit und Ich-Darstellung setzt. Natürlich bekommt dieser für mich unbekannte Assauer Geld für Buch und Auftritte. Gönne ich ihm. Spendet er es für Demenzkranke und bessert er damit die desolate Situation für Demenzkranke in den Heimen?
Andererseits wirkt diese gleiche Gesellschaft merkwürdig distanziert und abgehoben. Ich nehme als Beispiel die Grussformeln. Schon lange ärgert mich dieses unverbindliche "Hallo" als Ersatz für einen menschlichen Gruß wie z.B. "Guten Tag"; das signalisiert, dass man den andern Menschen ernst nimmt. "Hallo" ist unverbindlich und beliebig - und unterscheidet diese Grußformel nicht von den Talkshows. Auch sie sind unverbindlich und beliebig, und dass da über Alzheimer mit dem Gestus der unersetzlichen Information diskutiert wird (Illner gestern), ist kein Gegenargument.
Da ist die Sendung 37Grad sicher besser: denn da heißt es:
"Aber jeder kann sich allein mit den Zitaten Assauers ein Bild davon machen, wie es ist, wenn das Altern zu einer so schweren Bürde wird und das Gefühl der Ohnmacht auf Seiten der Medizin so offen daliegt. Alzheimer wirkt da auf die meisten von uns vermutlich noch bedrohlicher als Krebs. Bei Letzterem ist in vielen - und immer mehr Fällen - noch berechtigt, von Hoffnung zu sprechen. Bei Alzheimer jedoch, dieser zerstörerischen Krankheit des Geistes, geht es noch immer nur darum, bis zum bitteren Ende die Würde nicht zu verlieren."
Darum geht es: um Würde...

Mittwoch, 8. Februar 2012

Unsere Angela halt...

Ansichten eines Unbedarften. Angela Merkel- sehr pastoral - in einer Sendung mit griechischen Jugendlichen und Studenten: "Ich will niemanden beschweren, etwa mit schlechten Zukunftsaussichten oder so. Aber jeder muss wissen, dass dieser Weg (GH: der sozialen Härten) der einzig richtige ist." Das gegenüber einer Betriebswirtschaftsstudentin, die die Zukunft ihrer Generation in diesem Land in Frage stellte. Zynischer geht's nicht.
Man muss nochmals deutlich machen: es handelt sich um eine Krise nicht der Länder, sondern der Kreditpolitik der Banken. Also werden auch nicht die Länder "saniert", sondern die Banken, oder das Undefinierbare, in dem sie agieren, was man unter den "Märkten", oder noch anonymer, dem "Finanzsektor" versteht.
Es handelt sich um ein undurchsichtiges und unklares Geschehen, das sich unserem Verständnis (und auch dem unserer Politiker) weitgehend entzieht! Nur eines scheint festzustehen: Wir sind dem Geschehen ausgeliefert und werden ihm sogar geopfert, als Zahlende nämlich. Politik, die ja "gestalten" will, ist der Spielball der Märkte, diese Politik kann schon lange nicht mehr gestalten. Nur weiss keiner, wer in Wahrheit das ist - die Märkte. Schon der Plural schreckt auf: das ist kein Markt, auf dem man seine Haut tragen kann, sondern das sind mehrere, vielleicht unendlich viele, und sie sind nicht fassbar. Stichwort wie immer an dieser Stelle "Hedgefonds".
Gut, die Banken kann man an die Kandare legen, was übrigens auch nicht wirklich einer tut. Denn da sich sich so sehr wehren (können), bleiben die Dinge auch im Sande stecken. Die Politik kann nicht mehr gestalten, denn täte sie es, würden Mechanismen auftreten, die mit dem Erhalt (oder dem Untergang) von Arbeitsplätzen und dem Wohlstand zu tun haben. Früher hieß es mal "Wohlstand für alle!" Heute gibt's Hartz IV.
Das Killer-Argument ist immer noch "Was Arbeitsplätze gefährdet, ist nicht machbar", schon aus Wählergründen. Dieser Wähler, ach.
Ist der nicht inzwischen ein Wutbürger? Der alles will, aber so gar nichts erreichen kann? Direkte Demokratie? Schön wäre es, aber da ist ein Hinderungsgrund: die Politiker können das um ihrer selbst willen nicht wollen. Sie wären dann ja überflüssig. Da und schon da beißen sich eine Reihe von Katzen in ihre Schwänze. Und jaulen.
Unsere "westliche" Gesellschaft mit ihrem Konsum- und Wachstumswahn ist eigentlich am Ende. Doch was ist die Alternative? Weniger ist mehr? Ist Armut besser als Reichtum?
Kapitalismus (in dem auch die alte Tante Sozialdemokratie unterzugehen droht) ist als Endzeit-Szenario begriffen worden, unter den man einen dicken Strich ziehen muss, so wie Hanno in den Buddenbrooks: "Ich glaubte, danach kommt nichts mehr".

Dienstag, 17. Januar 2012

Luther und seine Kirche

Wir leben in einer Zeit der Gleichmacherei, der Anpassung und der "Correctness" mit dem Anspruch, wenn möglich nirgends anzuecken. Dabei warten wir mit Sehnsucht auf den "Anecket" mit politischer Wirkung, nicht aber auf den "Gleichmacher"! Was will ich damit sagen?
Sehen Sie mal, die heutigen sogenannten Volks-Parteien unterscheiden sich kaum von einander. Sie sind in den Inhalten geradezu deckungsgleich und austauschbar. Sicher, die Linke pocht auf ihren antikapitalistischen Grundzug, der aber nicht mehr ist als ein vages Versprechen auf besser Zeiten, doch welche?? Dann diese merkwürdige "Piratenpartei". Piraten sind ja der Definition nach Diebe auf den Weltmeeren und bereichern sich auf Kosten anderer. Das ist mal was , das aneckt. Aber politisch wirksam? Kaum.
Der Hammer aber ist, dass, wie ich heute las, die evangelische Kirche es den protestantischen Christen anempfiehlt, an der Pilgerfahrt nach Trier, der Heiligrock-Wallfahrt, teilzunehmen. Luther sprach vom "frommen Geläuf" und verabscheute es als Scheinheiligkeit. Und hier nun dieses. In der "Lutherdekade"! Es erhebt sich schon der Verdacht, dass die Offiziellen der evangelischen Kirche weniger die Ökumene auf gleicher Augenhöhe, sondern die Anpassung, die Gleichmacherei und das Aufgeben der eigenen Position betreiben. Protestant kommt von protestieren - auch gegen die Scheinheiligkeit; schon vergessen?
Oje, ich höre schon, wie Luther beginnt, sich im Grabe umzudrehen.

Freitag, 6. Januar 2012

Jamaika beendet - 6.1.2012


Mit dem 5.1.2012 ist diese merkwürdige Koalition, deren lokale Einmaligkeit nur durch ihre überregionale Possenhaftigkeit übertroffen wurde. Nun sieht es nach einer Großen Koalition aus - SPD und CDU, wobei die SPD herzzerreißend schwankt zwischen Sucht nach Neuwahlen und nach Macht (endlich). Dabei ist die SPD in der komfortablen Lage, Bedingungen diktieren zu können. Man darf gespannt sein.

Donnerstag, 5. Januar 2012

Er bleibt!

Er will bleiben! Es ist aber mal so: man sagt, die "Performance" des Bundespräsidenten sei mangelhaft. Er sei in die Mäuler der Medien geraten. Medienkampagne. Selbst schuld!
Das gestrige Interview (übrigens wieder von Halbwahrheiten oder gar Lügen durchzogen) ist so sehr von Selbstmitleid getragen, dass man fast selber weinen muss. Das Salbadern des Staatsoberhaupts ist, wie er auch menscheln will, unerträglich geworden. Sicher, hier wird ein Mensch vor die Tribunale der Medien gezerrt, und es ist so eine Art von mittelalterlicher Steinigungsszenerie, die da abläuft. Das tut einem zwar leid, und Entschuldigungen sind in erster Liehe Demutshaltungen, die Beißhemmung erzeugen sollen (auch Performance eben), aber sie sind im Falle öffentlicher Personen auch so was wie Masken: dahinter laufen alle Prozesse der Anbiederung, der politischen Zweckhandlungen, der Beschönigungen und auch der Verschleierungen weiter.
Nun könnte man ja vergeben. Das christliche Gebot der Vergebung umschließt aber auch die tätige Reue des Heischenden! Und die ist hinter dieser Salamitaktik des BP nicht zu vermuten. Tragisch?
Das ist weniger tragisch als schade - und ein Zweites spielt mit: Wulff ist ein Aufsteiger, der sich mit dem Glamour des Parvenus umgibt. Da kommt Neid des bürgerlichen Durchschnitts auf. Also bei uns. Tatoos bei seinem "schönen Weibe? Unappetitlich. 500.000 Euro Kredit zu sehr günstigen Bedingungen (0,9%)? Unverschämt. Denn wer hat schon solche Freunde, die einem das vermitteln könne, in dieser Gesellschaft? Wie sagte H.M. Broder in der WELT so schön?
"Wulff will Präsident von einem Land sein, in dem man sich Geld von Freunden leihen darf. Aber die, die dieses Land tragen, haben selten Freunde mit einer halben Million Euro…"
Dem ist nur hinzuzufügen: Treten Sie ab, Herr Wulff! Sie haben noch nicht einmal das Zeug zu einem Tragöden. Gauck wäre besser. Dann sind wir alle wieder menschlicher. Oder haben die Chance dazu.

Dienstag, 3. Januar 2012

Wulff tritt ab!

Leider soll dies keine Meldung irgendeines Blattes unserer nachrichtengeilen Medienlandschaft sein, sondern eine Aufforderung, ein Ruf! Und zwar ein klarer, ein lauter. Wenn dieser Mann im Amt bleibt, ist das Ansehen der BRD auf immer beschädigt. Der Bundespräsident ist keine politische, sondern eine moralische Instanz und als diese hat er jämmerlich versagt. Jawohl, unter Gauck wäre dieses nicht passiert. Aber unser Land ist ja von einer Horde Politiker beherrscht, die alles andere perfekt beherrrschen, aber nicht die Moral zu ihrem Leitbild oder zum Wert machen können oder wollen. Armes Deutschland. Und ich glaube sogar klammheimlich, der Jammerlappen bleibt im Amt... Kein Politiker will seinen Rücktritt wirklich, denn alle fürchten die Aufdeckung anderer, ähnlicher Machenschaften und Verfehlungen in der absonderlichen und angenehmeren Nähe zu den Bild, Maschmeyer und Porsche o.ä.