Dienstag, 8. Oktober 2013

Steuerhöhungen und der Selbstzweck

Diese Schlagzeile in der Welt (wo sonst?): "Deutschlands Superreichen geht es so gut wie nie..." steht zu den Meldungen über die Zunahme der Schere zwischen Arm und Reich wie Öl, das man ins Feuer gießt.
Unsere Partei, die SPD, ist im Rahmen der Sondierungen zu etwaigen Koalitionsgesprächen von der Wahlaussage zu Steuererhöhungen bei Spitzenverdienern abgerückt. Nun heißt es, dass diese Forderung nach Erhöhungen "kein Selbstzweck" seien, was landauf-landab von den Funktionären nachgebetet wird. Ganz spärliche Stimmen, die den Wert dieser Steuermaßnahmen bei Spitzenverdienern (und nur da macht es Sinn) als Wert an sich, nämlich als Gerechtigkeitswert messen, verstummen mehr und mehr.
Gerechtigkeit, soziale zumal, ist aber eine Grundidee der SPD und man hat den Eindruck, sie wird hier mal so einfach über Bord geworfen. Ist das nicht symptomatisch? Unser Funktionäre wollen in die Regierung, um zu gestalten, wie es immer so schön heißt, und selbst um den Preis der Opferung von Grundideen. Aber opfert unsere Partei nicht schon lange Grundideen der höheren "Vernunft" der Verbürgerlichung? Und wenn man "in die Regierung" will, ist einem alles recht. Klar, die Steuereinnahmen "sprudeln", man kann also die Ausgaben für Bildung und Infrastruktur etwa auch ohne Steuererhöhungen finanzieren. Aber darum geht es nicht, zumindest nicht nur!
Hier wird mit der Ehre der SPD gespielt. Wenn man die Gerechtigkeitslücke in unserer Republik so schamlos dem Pöstchenschacher opfert, kann man sich dann noch als Sozi im Spiegel betrachten?
Opposition ist übrigens nicht immer nur "Mist"!

Wie sagte der Sozialdemokrat Otto Wels in der Weimarer Republik 1933? "Das Leben könnt ihr uns nehmen -  aber die Ehre nicht..."

Donnerstag, 3. Oktober 2013

Tag der Deutschen Einheit

Man muss auch mal was loben: dieser Tag, oder diese Minuten, gefeiert in der Stuttgarter Liederhalle, waren würdig und anregend, ja sogar feierlich. Ein Jugendorchester, ein reizendes Kinderballett, recht anspruchsvolle Animationen. Die Rede des MP BW, Kretschmann, und die des Bundespräsidenten, sie waren fundiert und voller kritischer Anspielungen auf Europa und den Föderalismus, diese besondere Spielart nachkriegsdeutscher Demokratie. Auch kritisch-pastoral: "Man muss glauben, was man kann, dann kann man auch können, was man glaubt" (Gauck)
Man muss bedenken, wir haben die Deutsche Einheit seit 23 Jahren und sie funktioniert, selbst wenn man manchmal denken könnte, dass ein "Sozialismus mit menschlichem Antlitz" eine Alternative hätte gewesen sein können. Aber war nun nicht, DM besser als DDR, und über allem damals Kohl. Ironischerweise haben Angela und Gauck praktisch einerseits den rheinischen Klüngel und die Bonner Demokratie abgelöst, andererseits Ostdeutschland soweit integriert, dass man es als den Schritt in die richtige Richtung sehen kann. Doch wenn man in den "Osten" fährt, was wir ja alljährlich getan haben, sind auch 23 Jahre nach der Wende die Unterschiede noch spürbar, wirtschaftlich und im Verhalten, in der manchmal andressierten Fröhlichkeit und dem Gefühl, immer noch irgendwie fremd zu sein.
Mag sich in der nächsten Generation noch ändern.