Samstag, 19. Mai 2012

Klartextmedien

Seehofer habe so genannten Klartext geredet, vorgestern, im ZDF-Fernsehen. Die Medien, diese verkappten Boulevardblätter alle, verlogene yellow press alle, verheben sich schier im Geschrei und in der einhelligen Meinung, da hab einer - und noch dazu Seehofer, Mann der bayerischen Grantigkeit - sich mal ohne wenn und aber der politischen Schwafelei entledigt und sich von der schwurbelnden Politklasse abgesetzt. Und sie überschlagen sich in der Formulierung, das wäre nun der Durchbruch zu Transparenz und allem dem, weswegen die Piraten so auf dem Vormarsch seien.
Ich habe mir die Sendung im Nachhinein angesehen. Also das war grundharmlos, was der abgelassen hat. Hat mal klargestellt, dass der Wahlkämpfer Röttgen in NRW grandiosen Mist gebaut hat. Aber das wussten doch schon alle. Und dass die Union Meister im Schwafeln ist, wussten wir doch auch schon alle. So what?
Aber so sind sie, die Medien. Wird alles hochgeschaukelt, selbst wenn es nichts Bewegendes ist, aber die Medien es dafür halten. Demgegenüber die Sache mit der Timoschenko. Erst hochwichtig und großkritisch, als es noch um die Fussballehre und die Boykottfrage ging, oder das, was man dafür hält. Dann aber plötzliche merkwürdige Stille. Und wenn überhaupt noch was kommt, dann sind es Kurzmeldungen, oder versteckte Nachrichten, etwa heute die, dass der deutsche Arzt von unvorstellbaren Zuständen in der Ukraine spricht, und dass er sien Amt als behandelnder Arzt niederlegt. Und dass Frau Timoschenko die Behandlung ihres Bandscheibenvorfalls abgebrochen hat.
Ich bin nicht der Meinung, das die ukrainische Politikerin eine saubere Weste hat, auch nicht dass das Krankheitsbild ein lebensbedrohliches ist, aber wenn man schon die Ukraine als diktatorisch bezeichnet, was sie sicher ist, und das öffentlich machen will, muss man das Verfahren gegen die Dame auch öffentlich weiter kritisieren. Aber: nichts. Stille. Die Stille nach dem Schuss? Aber welcher Schuss und wohin? Nach hinten?

Sonntag, 6. Mai 2012

business as usual

oder: wie die Mächtigen ihr Gesicht zu wahren verstehen!
John Kornblum, ehemaliger Botschafter der USA in Deutschland, erklärte ganz direkt, dass Frau Clinton der wirtschaftliche Erfolg ihrer Chinareise wichtiger gewesen sei als die Menschenrechte und das Schicksal des Dissidenten Chen. Das zunächst mal als Statement eines US-Bürgers. Und daraus kann man ersehen, wie skandalös der Umgang der USA, in der Person Clintons, mit einem vom chinesischen Regime Verfolgten ist. Die Umstände des gesamten Vorganges sind allerdings diplomatisch-mysteriös: Da war erst die Meldung, dass dieser Dissident aus der Gewalt "lokaler" Behörden entkommen sei, die ihn gehasst haben sollen, wegen seiner Unbotmäßigkeit und seines Eintretend für eine Mehrkinder-Familie im Gegensatz zur Einkind-Politik der chinesischen Regierung. Kann es sein, dass "lokale" Behörden was tun, ohne die Sanktion übergeordneter Parteiorgane? Nach meiner Kenntnis nicht, nie.
Dann die Flucht in die US-Botschaft. Inszenierung? Unglaubliches Schweigen dort vor dem Besuch der Frau Clinton, die über Wirtschaftsthemen (worüber sonst) reden wollte. Dann plötzlich, als es nicht mehr anders ging, öffentliche Info, das dieser Chen (übrigens blind) die Botschaft "freiwillig" verlassen und in China bleiben wolle. Was er dann auch tat, so dass die Botschaft ihr Gesicht wahren konnte, vorläufig. Die Chinesen haben dann erklärt, dass er in einem Krankenhaus (wegen eines auf der Flucht verletzten Fusses) behandelt werden könne und dann an "sicherem Ort" mit seiner Familie untergebracht werden solle, als Schutz vor den besagten "lokalen" Behörden. Gesicht wahren eben. Unter der Hand sickerte durch, dass seien Familie massiv bedroht wurde. Was glaubhaft ist, und den Skandal dessen, was sich in der Botschaft abspielte, nur größer macht. USA als Verfechter der Menschlichkeit?
Neuesten Nachrichten zufolge ist es dem Chen dann (Überraschung) möglich gewesen, sogar mit dem amerikanischen Kongress zu telefonieren. Unglaublich, und vollends undurchsichtig - denn der Übersetzer dort war der engste Freund dieses Chen und Vorsitzende reiner Menschenrechtsorganisation in den USA. Nunmehr will er doch ausreisen, ohne Familie, und in den USA studieren. Jura. Hat wohl mächtige Freunde dort.
Es ist eine Tragikomödie, die sich da vor unsern Augen abspielt. Traurig, lachhaft, wenn man nicht eher weinen sollte. Die Mächtigen dieser Welt verteidigen die Ökonomie und die Interessen der Profiteure, wie schon immer. Egal wer dieser Chen wirklich ist.

Mittwoch, 2. Mai 2012

Das gelobte Land

Am 24.4. liefen die letzten zwei Teile des Vierteilers "Das gelobte Land" von Peter Kosminsky (er ist Großbritanniens bedeutendster und umstrittenster Film-und Fernsehregisseur). Ich habe diese vier Teile, die die Geschichte Israels und Palästinas aus der Sicht eines britischen Armee-Sergeants (Len) in den 40ern und die gegenwärtige Geschichte aus der Sicht einer englischen Abiturientin schildern, mit großem Interesse gesehen. Der Film ist grandios. Und er ist sehr israelkritisch, eindringlich die Meinung Grass' bestätigend.
Ein Satz blieb besonders im Gedächtnis: "Ein Staat, so sehr auf Gewalt und Bösartigkeit gegründet ist, kann nicht in Frieden existieren!" Gemeint ist der Staat Israel.
Nun kann man die Frage der Gewalt sicher nicht auf den israelischen Staat beschränken, sondern muss auch die Palästinenser und andere arabische Scharfmacher einschließen. Nur, was Israel angeht, so hat sich der Staat nie um die Belange seiner Nachbarn gekümmert, sondern reine (fast imperialistische) Expansionspolitik betrieben. Siedlungen im palästinensischen Gebiet? Nie kritisch hinterfragt. Zweistaaten-Theorie? Nie wirklich vertreten. Und ich meine hier nicht das Volk Israels mit seinen vielfältigen ethnischen Wurzeln aus der ganzen Welt, sondern die Regierungen und deren rechte Gesellen. Klar, die Übergriffe der Palästinenser mit Selbstmördern und Raketen sind nicht akzeptabel, aber sind sie nur Attacke oder Aktion, nicht auch Reaktion? Spirale der Gewalt, schreiben unsere Medien oft, das trifft die Sache ziemlich, nur ist die Diagnose noch keine Therapie.
Der Film aber - der macht nachdenklich, denn die Wurzeln von allem liegen in diesen unruhigen und mörderischen Tagen der Jahre 45-48. Da wurden die Araber zu richtigen Feinden.