Mittwoch, 29. Mai 2013

Skandal, oder?

Wenn ich lese, und ich lese viel, dass ein noch unbekannter CDU-Politiker aus dem Kanzleramt zu Daimler auf eine Chefposten wechselt, dass sich dessen Vorgänger bei Daimler einen Botschafterposten in Afghanistan ausgesucht hat (komisch, diese Wahl), dann kann ich nicht verhehlen, dass sich sehr aufgebracht bin über diesen neuen Beweis einer Verwicklung und Verquickung von Politik und Wirtschaft. Bin eben Sozi.

Koch-Bilfinger, Schröder-Pipelinefirma (Russland) und viele viele andere aus allen Parteien, die ich hier gar nicht aufzählen kann, alle im gleichen Verlangen und Ziel, Insiderwissen und Rückwirkungen in und aus Politik zu verfestigen. Natürlich gegen Kohle. Denn diese Herren (und Frauen) verdienen nicht schlecht, besser sicher als im Kanzleramt. 

Der zuträglichen und auskömmlichen Verbindung zwischen Politik und Wirtschaft, die unzerstörbar ist in unserer politischen Klasse, ist es auch zugute zu halten, dass jetzt ein medial hochwirksamer Aufwand zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in Europe betrieben wird. 
Kommt ja auch gut an, bei einer z.B. 60%igen Quote in Spanien. Die Technik: Abwerben der zumeist hochqualifizierten Jugendlichen  um offiziell diesen eine Aus- und Weiterbildung hierzulande anzubieten,  inoffiziell, um dem "drohenden Facharbeitermangel" der Wirtschaft (aktuelle Worthülse in den Medien) entgegenzuwirken. Duales Modell, wird gesagt.
Die Folge jedoch: Absaugen von ebendiesen Hoffnungsträgern der jeweiligen Länder, von denen sicher viele nicht nach Hause zurückkehren dürften, Brain Drain nennt man das, und es war vor Jahren mal das Hauptargument der Entwicklungshilfe-Politik, die Gutausgebildeten aus Afrika eben nicht abzuziehen.  An dessen Stelle trat dann das "capacity building", und das gelang eigentlich besser (habe es ja selber mit gestaltet, damals in Tanzania): wie wäre es denn, wenn man das Modell auf die Europäischen Mangelländer übertragen würde?
Wird aber nicht gehen. Siehe oben.
Skandal, das alles.

Donnerstag, 23. Mai 2013

150 Jahre SPD

Die alte Tante SPD wurde heute, am 23.5.1863, jedenfalls sagt das die Partei, 150 Jahre alt. Denn an diesem Tage habe sich der "Allgemeine Deutsche Arbeiterverein" (ADAV) gegründet. Was das für us Heutige bedeutet, darüber ist in allen Medien, die was auf sich halten, nachzulesen.  Das ist schon mal per se erhellend, denn so gesehen,  ist die Sozialdemokratie in unserer Gesellschaft doch schon mal als "angekommen" zu bezeichnen. Man solle die Partei aber nicht mit den amerikanischen Demokraten vergleichen, wie es manche Medien tun: dort fehlt ein wichtiges Beiwort  nämlich "sozial", das von der sozialen Ausrichtung. Die Partei heißt nicht umsonst Sozialdemokratische Partei Deutschlands, und das haben die andern Parteien versucht zu kopieren, aber das Ziel nicht erreicht - wie auch: eine christlich-soziale Union, was ist das schon, oder die Linken, was sind die schon gegen diese geballte historische Kraft der SPD. Ich bin jedenfalls froh, als Burschenschafter Mitglied in ihr zu sein.
Was mich unter anderem am meisten begeistert, ist das Verhalten der SPD im Nazireich. Hier waren ihre Köpfe unbeugsam und unbeirrbar. Sie gingen lieber ins KZ, als dass sie sich unterwarfen und es war Otto Wels, Parteiführer 1933, der die historischen Worte anlässlich der Vorlage des  Ermächtigungsgesetzes sprach: "Freiheit und Leben könnt ihr uns nehmen, aber die Ehre nicht!"

(Hier kann man einen akustischen Mitschnitt der Wels-Rede hören!)

Gerechtigkeit, soziale Passion, der Freiheitsgedanke in einem geeinten Vaterlande, das sind  die Grundsätze, die die SPD noch heute ausmachen,  selbst wenn wir Köpfe wie Wels, Schumacher, Brandt oder Schmidt nicht mehr and der Spitze haben.
"Heute stehen andere an der Parteispitze"; schreibt die Welt, "Männer mit Aktenerfahrung, aber ohne Charisma". Das trifft es schon recht genau. Der Grund ist einfach: unsere Gesellschaft ist weit entfernt davon, aufrüttelnden Ziele, die jeden von uns betreffen, zu verinnerlichen.  Hunger, Diktatur, Minderheiten-Unterdrückung waren vorgestern und sind, wenn überhaupt, nur noch global wahrnehmbar. Wir vergessen sie schnell. Und die Idee Europa? Sie hat bei weitem nicht das Feuer der 48er, ja noch nicht einmal das von 1989. Wird sie es jemals bekommen? Ich glaube es nicht.

Und doch, alte Tante: herzlichen Glückwunsch, Du bist doch unter allen diejenige, auf die man am meisten stolz sein kann!!