Samstag, 23. November 2013

Die große große Koalition...


"Die SPD sollte sich von der Vorstellung verabschieden, sie sei nur die Partei der sozialen Gerechtigkeit, sondern sie ist auch die Partei einer positiven Einstellung zur Wirtschaft." So ähnlich Gabriel kürzlich auf dem SPD-Parteitag. Wenn das keine schallende Ohrfeige für die ehrlichen Parteimitglieder an der Basis ist?
Und sie schielen mit unverhohlener - medial aber verhohlener - Lust auf ihre Posten. Da bleibt auch mal ein Winken rüber zu den Linken eher Spiegelfechterei, um sich besser zu positionieren, etwa. Und dann diese Mitgliederbefragung. Sie haben Angst, bei uns, in der Spitze, da auf dem Gipfel, dem Olymp der Partei, wo die Wolken ziehen und die Blicke für das unten dennoch vorhandene Leben verstellen...
Und was ist denn dieses noch ungelegte Ei der großen Koalition? Manchen schreiben von einer Zeitenwende (bezogen allerdings auf Hessens Schwarz-Grün), denken aber ähnlich von den nebulösen Geschehen auf der Berliner Bühne. Leitartikler verlieren sogar das Gespür für die Deutsche Sprache, was kein Einzelsymptom ist, wenn sie z.B. schreiben "Gabriel besteht auf DAS Ministerium" oder so ähnlich. Verbalhornung; sie wissen aber es nicht besser. Unser Deutschlehrer hätte sie ins Klassenbuch eingetragen.
Die großen Forderungen der SPD - man kann auch sagen Wahlversprechen - Reichensteuer, Gleichstellung der Frau, Bürgerversicherung, etc. wurden geopfert. Soziale Gerechtigkeit sieht anders aus. Daher besteht die Gefahr, dass kritische Köpfe an der Basis die ganze Sache mit der GK kippen werden. Ich denke übrigens genau so.
Ja, Bühne: Wir leben in einer politische Inszenierung zweier Parteien, deren Unterschiede auf eine Nanodistanz geschrumpft sind. Nach außen Theater: Da hat es in den Gesprächen gerumst. Da werden Angriffe "gefahren", Tacheles geredet oder man wird nervös. Es werden Trophäen für die Mitglieder gesammelt. Ja, und wo sind sie??
Alle prominenten, televisionstauglichen Mitspieler in meiner Partei haben nur ein Ziel: es soll was werden mit den Posten, Vehikel ist die GK, diesmal, und bemänteln das mit "Gestaltungswillen", mit der sozialdemokratischen Handschrift in dem Papier nachher, und mit der Augenhöhe. Die ist aber nicht sichtbar. Oder anders herum: die beiden Parteien werden sich kaum voneinander unterscheiden. Daher:
Sie, Gabriel, die Nahles und sogar die Stones, sie haben Angst vor ihren Mitgliedern. Na sowas.
Und ja, diese Befragung ist ein Risiko. Man könne sich vorstellen, selbst um den Preis von Neuwahlen, dass die 20% zusammenkommen. Schrecklich. 

Freitag, 1. November 2013

Der Vettel-Altar

Man ist ja leider gezwungen, auch Sportsendungen mit anzusehen, selbst wenn man ein Antipode des andauernden medialen Sportorgasmus ist. 
Da aber sah ich nun vorgestern den Formel-I-Weltmeister Vettel (der mit seinem dümmlichen Lächeln), wie er sich vor seinem Auto auf die Knie warf, sich in den Dreck neigte und offenbar Staub frass, und das mit Lust. Leider dürfte diese intellektuelle Interpretation für jenen ziemlich unergiebig sein, sodaß ich sie mir hier auch erspare…
Es war aber eine hochaktuelle Geste, die hier bildhaft (wie heute praktisch alles) in Szene gesetzt wurde - mit zeitgenössischem Symbolcharakter: die neuen Altäre unserer Anbetung sind eben die Autos, sind die wirtschaftlichen Sünden-Ablasser und Sündenverursacher, die neuen goldenen Kälber eben. 
Das alles ist ja nicht neu. Aber dieses Bild ist es wert, dass man kurz innehält und über dessen so naiven Wahrheitsgehalt zu sprechen versucht. Bilder sind immer auch Wertevermittler, schon immer, und immer auch umstritten und verflucht. Im Islam z.B. ist es nicht gestattet, bildhaft auf Gott hinzuweisen, statt dessen haben sie diesen ungeheuren, auch verstörenden Ornamentsturm in ihren Moscheen. Dass sich Vettel vor sein (leider stehendes) Auto wirft, ist bildhafte Gegenwahrheit also. So ist eben unsere Welt voller Symbole. Mitterand und Kohl in Verdun ebenso wie Willy Brandt in Warschau. Also auch Vettel und was er da transportiert. Mit und ohne Luther oder diesen Bischof da aus Limburg.

Da nimmt es nicht wunder, dass gleichzeitig die Hysterie über diesen Bischofsskandal von Limburg die architektonische Schönheit des neuen "Bischofssitzes" einschließlich einer freistehenden Badewanne (na sowas!) als unwürdigen Fehltritt multimedial vermarktet, von Bild über Welt und SZ Klar. Der Bischof, der muss weg. Hat er doch 31 Mio. Euro dafür ausgegeben ("verschwendet"). Am besten die ganze katholische Kirche weg, die ja auf sowas von Reichtümern hockt, mein Lieber, da kann man, ja muss man Bild einfach lesen und lieben.
Der mediale Urstrom dieser 4. Gewalt (über die auch nachzudenken sich lohnen würde) fegte ihn, den Bichof, als Wert einer ganz anderen Kategorie hinweg, über die man kein Verständnis mehr aufzubringen habe. Denn wir haben ja andere Altäre (s.o.). Dabei, dies nur als Nebenbemerkung: ein anderer Bischofssitz, in München glaube ich, verschlang 130 Mio.!!
Gut, der Vatikan und sein Papst haben sich klug und antimedial verhalten und den Bischof aus der Schusslinie, wie man heute auch sagt, genommen. Das sage ich als Protestant - wohlgemerkt. Prunk ist katholisch. Aber wie man mit ihm umgeht, kann auch einen Protestanten auf die Palme bringen. Wird man nun die Kosten für die Barockkirche von Birnau, den Kölner Dom oder die Kathedrale von Reims auch aufrechnen und die Bauherren von damals "hinwegfegen" (etwa aus der Erinnerung)? Das beträfe dann die ganze katholische Kirche, und nicht nur die…

Da bin ich doch froh, dass wir Protestanten solche Baudenkmäler kaum vorzuweisen haben. Hexenverbrennung von heute das ganze, der Vergleich drängt sich mir auf. Oder schlimmer - Progromdenken…