Montag, 25. Juli 2011

der space shuttle kommt zurück

Die "Atlantis", das letzte Spaceshuttle der NASA, ist gerade eben gelandet. Ein Youtubist hat das Schauspiel von der Mattscheibe abgefilmt und ins Netz gestellt. Wie die Kommentatoren sagen, ist damit einer Ära beendet, die den naturwissenschaftlich unterfütterten Aufbruch in das Universum begründen sollte. Nun, wir haben den Mond betreten, wir bauten eine Raumstation (ISS), die es ja noch gibt, und es soll Überlegungen geben, zum Mars zu fliegen. Warum das Space-Shuttle-Programm abgebrochen wurde, ist klar: nicht wegen erfüllter Träume, sondern wegen leerer Kassen. Es ist einfach kein Geld mehr da in den USA, die ja sowieso vor einer Wirtschaftskrise stehen. Und dann darf man ja überlegen, ob der Schritt ins Universum ein so genannter "Schritt in die richtige Richtung" ist. Wenn naturwissenschaftliche Programme soviel Geld kosten, angesichts der weltweiten Krisen und Hungersnöte, muss nach dem Nutzen gefragt werden, nicht nur dem erkenntnistheoretischen, sondern auch nach dem volkswirtschaftlichen. Hier ist die kurze Nachricht hilfreich, dass der wissenschaftliche Nutzen dessen, was da auf der ISS mühsam abgearbeitet wird, erstens auch auf der Erde geerntet werden könnte und zweitens vorwiegend medizinische Grenzbereiche betraf: Knochenkrankheiten wie etwa die Behandlung der Osteoporose. Dass die berühmte Teflonpfanne gar kein Ergebnis der Weltraumforschung war, steht auf einem andern Blatt. Hinzukommt, dass die teure Arbeit auf der iSS praktisch gar nicht kommuniziert wird.
Wenn man mich fragt: Weltraumforschung einstellen, verschrotten und sich auf andere, irdische Probleme konzentrieren. Es sei denn, man findet private Investoren, die sich den Irrsinn was kosten lassen, und die gegen Bares, Tourist nach oben schießen. Leider müsste man dazu einen Gun-Club gründen, einen Präsidenten namens Barbicane dazu und das Geschoss aus einer riesigen Kanone zum Monde entsenden. Lachen wir nicht über die Amerikaner, diese gibt's, und es wäre ein Casus belli… /Frei nach Jules Verne).

/ghe

Dienstag, 19. Juli 2011

nochmal: Frauen-WM

Jaja die Medien! Hier muss Medienschelte einfach sein (das Runde muss ins Eckige).
Das war nun die Frauen-WM. Eine schrecklichere Medienhype habe ich noch nicht erlebt. Und wie merkwürdig: plötzlich sind die Männer wieder auf der ersten Seite der Zeitungen. Wie von Zauberhand waren alle Männer-Nachrichten währen der Frauen-WM von den Sportseiten der Zeitungen verschwunden, jetzt sind sie wieder da. Was sagt uns das? Dass wir in einer ver-"schwurbelten" Medien-Landschaft leben, die sich erfrecht, uns vorzuschreiben, was wir zu konsumieren, und wofür wir uns zu begeistern haben. Frecher und dümmer geht's nicht mehr. Und mit welcher Scheinheiligkeit die ReporterInnen und die, die sich dafür halten, täglich ihre Mäuler aufreissen, um das Lob der Frauen-WM zu singen - schauderhaft. Und das nennt sich nun Pressefreiheit. Die Wahrheit ist, das hinter allem und auch hinter diesem Scheinereignis die lieben Sponsoren, sprich Geldgeber stecken, die das diktieren, sich wieder einen hohen Gewinn erhoffen. Und wohl auch bekamen…
Nochmals: ich finde es gut, wenn Frauen Fussball spielen, aber diesen öffentlichen Akt der Vergewaltigung durch die Medien (Vermarktung) und diese Verzickung (weibliche Streitkultur) haben sie nicht verdient. Sie haben sich auch nicht wohl gefühlt. "Druck" habe auf ihnen gelastet und viele wollten aussteigen. Man habe sie aber nicht gelassen.
Fussball - ich gehöre nicht zu den versierten Kennern des Sports - ist dennoch eine schöne Sache, wenn er von Männern gespielt wird. Da ist Einsatz, Lust und Frust, Freude, Hass und Liebe mit im Spiel, also das ganze Dilemma unseres Erdendaseins. Nicht, dass auch dort Druck herrscht und tragische Verläufe vorkommen (siehe Selbstmord in Hannover), aber die Spiele sind einfach besser. Anders bei den Frauen: nachgemachte Männer-Posen, künstliche Erregung, Figurinen-Pathos und Selbstdarstellung - und das soll Fussball sein?
Posieren ist zwar ein allgemeines Merkmal unserer Gesellschaft, das wiederum Ausdruck der Oberflächlichkeit und Wesens-Entfremdung derselben ist, aber wenn es zu einer solchen Hype führt, ist es überhitzt und despotisch. Also: ich bin froh, dass diese Hype Frauen-WM vorbei ist.
/ghe

Donnerstag, 14. Juli 2011

Mein Pessimismus

Arztsein und die Ökonomie
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In einem lesenswerten Beitrag des Freiburger Historikers Prof. Giovanna Maio im Saarländischen Ärzteblatt geht dieser auf den zunehmenden Widerspruch des ärztlichen Selbstverständnisses und der Ökonomisierung ein. Dies ist ja nicht nur ein ärztliches, sondern ein überaus allgemeines Problem, und so schreibt er einleitend: "Wir leben in einer Zeit, in der alle Bereiche des öffentlichen Lebens nach den Kategorien des Marktes organisiert und vom ökonomischen Denken durchdrungen werden." Dem ist nur zuzustimmen, doch wird sich durch eine solche Diagnose zunächst ja nichts ändern, denn die Entfremdung des Arztes von seinem sozialen Auftrag, in Not befindlichen Menschen zu helfen, hat bereits eingesetzt und ist weit fortgeschritten. Maio beschreibt zutreffend diesen Wechsel vom sozialen zum Dienstleistungsbereich, der den Patienten zum Kunden degradiert und verstümmelt. Dass er dabei auch den Arzt in seinem tiefsten Wesen ändert, ihn umformt, ja deformiert, ist nur konsequent. "Das Resultat ist Modularisierung und Standardisierung." schreibt Maio.
Diese an Profit der Konzerne orientierte Haltung trifft auf eine spiegelbildliche Haltung des Patienten, der in seiner bereits werbetechnisch erfolgten Umerziehung sich ebenfalls zum Kunden mit Reparaturanliegen und Garantieanspruch gewandelt hat. Wir Kardiologen mit unserer geradezu kindlichen Apparate-Gläubigkeit stimmen darin mit ihm überein und entwickeln Standards und klinische Pfade, die den Regeln der jeweiligen Marktanforderung entsprechen. Der ärztliche Auftrag des Helfens und Heilens ist nicht mehr erkennbar, wird auch nicht mehr geradeheraus gewünscht.
Welche Rolle in diesem Kontext aber der Mensch spielt, wird zur offenen Frage, die jedoch nicht mehr vorurteilsfrei diskutiert wird, sondern in der Wortwahl der ganzheitlichen Medizin, die grundsätzlich alternative Behandlungsmethoden anwenden muss, zum ideologischen Diskurs ohne wirklichen Lösungsansatz. Der "Krieg" zwischen der Schulmedizin und der alternativen Medizin ist ja gar keiner, denn der das Herz behandelnde Kardiologe muss auch den Menschen mit dem kranken Herzen berücksichtigen, tut er das nicht, liegt er falsch, selbst wenn er von dem Verwaltungsleiter seiner Klink dazu gezwungen wird.
Wenn man den unbestritten hochaktuellen Beitrag des Historikers liest, erschrickt man ob der klaren Diagnose und auch darüber, dass man dieses Spiel selber jahrelang mitgemacht hat.
Dennoch müssen sich Ökonomie und gutes Arztsein nicht ausschließen. Denn wo Dinge Geld kosten, und wo Handauflegen und weiße Salbe nicht angebracht sind, muss wirtschaftliches Denken eine Rolle spielen, z.B. beim Notfall oder bei dessen Prävention. Doch muss sich Ökonomie dem ärztlichen Handeln unterordnen und nicht umgekehrt rangieren. Das setzt jedoch ein anders Denken aller Verantwortlichen voraus, das das Vertrauensverhältnis zum Patienten und dessen Hilfsbedürftigkeit zum Gradmesser hat. Die Würde des Menschen, des kranken Menschen zumal, muss der Gradmesser sein. Krankenhäuser, die ihre Qualität nur managen und damit den Arzt in das Diktat des Marktes zwingen, handeln gegen die Würde des Menschen, sind daher eigentlich nicht mehr auf dem Boden unserer Verfassung, denn "die Würde des Menschen ist unantastbar". Plan-do-check-act ist auch auf die menschliche Interaktion zu beziehen und wird es leider im praktischen Bezug nie.

Wir Kardiologen müssen uns allerdings auch fragen, wie mit einem solchen sozialen Arztbild unser tägliches Verhalten im Umgang mit den apparativen Anforderungen interpretiert werden kann. Sind wir nicht schon Opfer unseres Fortschrittsglaubens, der sich an technischen Innovationen stolz begeistert? Der Kardiologe ist besonders als Interventionalist sehr anfällig für Vordergründiges. Er steht im Katheterlabor, um sich und seinem Krankenhaus die größtmögliche Pfründe zu sichern. Aber auch der niedergelassene Kardiologe sieht sich dem Markt ausgesetzt: er nutzt die Geräte, um seine Praxis zu finanzieren. Der Patient verschwindet in dem Gerät als Mittel zum Zweck.
Gibt es einen Ausweg? Gibt es den "guten Arzt" noch, so wie es die "gute Regierungsführung" oder den Begriff der "Good medical practice" im englischen Schrifttum gibt? Oder: Gegen die Macht de ökonomischen Hedonismus ist kein menschliches Kraut gewachsen.

Vieles ließe sich zu dem unerschöpflichen Thema sagen. Wir werden uns weiter äußern.

Quelle:
Maio G Saarl.Ärzteblatt 7; 2011, 13


/ghe

Freitag, 8. Juli 2011

Managergehälter

Rentner haben zum 1.7. die horrende Steigerung ihrer Renten um 1% zu verkraften. Der gemeine Arbeitnehmer erhält im Schnitt 2,6% mehr Lohn, soweit man das dieses Jahr sagen kann. Und dann dies: die deutschen Manager verdienen nur mittelmäßig. So stand's in der FAZ heute morgen. Dabei ist doch der Manager das Wesen, an dem eigentlich die ganze Welt genesen soll. Der Arme, denn Armut kommt von Poverty! Nun verdient er nur mittelmäßig. Mir kommen die Tränen. Da muss denn doch die Lobbyarbeit nicht in den Hintergrund treten, der sich die Manager so oft bedienen, um mehr für ihren Betrieb herauszuholen. Ach ja - wenn sie denn auch Alles für den gemeinen Arbeiter ausgeben müssen? Für sie bleibt nichts? Und dennoch Milliarden als Gegenleistung für Waffendeals (200 Panzer für Saudi-Arabien) hereinholen? Dann immer noch: mittelmäßiger Verdienst? Im Klartext: es sind stolze 20% Zunahme, die sich die Herren Manager derzeit leisten. Und die Jahresverdienste gehen in die zweistelligen Millionenbeträge. Das kann man nur mit dem epitheton obszön umschreiben.
Wir leben nämlich in einer Scheindemokratie. Nicht vom Volk geht die Gewalt aus, sondern von den Managern… Und ausserdem gefallen mir die Worte von der Kleptokratie, der Demokratur, denn sie kennzeichnen das große Unbehagen des Wutbürgers, der aber nach seinem Wutausbruch schnell wieder vor dem Fernsehsessel einnickt.
Umverteilung von unten nach oben ist angesagt, nicht umgekehrt. Wo endlich schrie meine SPD auf? Politische Korrektheit verbietet es dem Autor, laut das zu brüllen, was die Sponties vergangener APO-Zeiten riefen. Deshalb leise: "Macht kaputt, was Euch kaputt macht!"
/ghe