Montag, 3. September 2012

Orthographie, Stil, Kultur

Es ist eine bemerkenswerte Sache, die Sache mit der Rechtschreibung oder dem Schreibstil in den deutschen Medien. Derzeit sind ja die paralympics, diese Behindertensport-Olympiade. Und es stand in der Welt v. 3.9.2012:
"Das Beinprothesensystem Genium sei sozusagen der heißeste Scheiß auf dem Orthopädiemarkt, erklärt Näder. Erst 2012 auf den Markt gekommen, können Oberschenkelamputierte damit erstmals im Wechselschritt rückwärts steigen und Treppen steigen ohne dabei zum humpeln."
Man kann ja nun vulgär sein wollen, wie manche Breitbeiner in den Talkshows (Precht z.B.), oder barfuss im Studio als Moderator auftreten. Oder lustige Schubsereien in denselben veranstalten, das mag ja noch angehen. Aber die Aussage, Behinderten den letzten "Scheiß" andrehen zu wollen, die kann man einer Mediengesellschaft, die peinlich genau auf politische Korrektheit achtet, nicht durchgehen lassen. Es ist vielleicht die Verwendung eines vulgären Modeworts, das hier nach einem publizistischen Effekt hascht. Vielleicht ist es aber auch der Ausrutscher eines Redakteurs, der das durchgehen ließ, um seiner Verärgerung über die elende Vermarktung des Sports, und des Behindertensports zumal, freien Lauf zu lassen, vielleicht aber auch nur ein Stilfehler, der gar nicht aufgefallen ist - und das ist es, was zumindest ich glaube! Vulgärworte haben in der Zeitung und ihren Beiträgen nichts verloren!

Und die zahlreichen Orthographiefehler in unsren Tageszeitungen, Fehler im Satzbau und der Deklination, der Grammatik etc. lassen vermuten, entweder dass hier die Lektoren schlafen, oder der Deutsch- und Stilunterricht jener Personengruppen auch in den höheren Bildungsanstalten sehr zu wünschen übrig läßt. Wirft ein Licht auf das Bildungsideal unserer Zeit. Was ist es? Wo ist es? Wie ist es? Darüber kann man abendfüllend diskutieren, und doch immer wieder resümieren: es gibt sie nicht mehr, die Bildung...