Dienstag, 24. Mai 2011

akkurate Hemden und Frisuren...

Konservativ-rechts und progressiv-links: sind das noch Begriffe, die auf die politischen Parteien unserer Zeit passen?
Da liest man heute in der WELT, einer Tageszeitung, die nicht im Verdacht steht, sich linkem Gedankengut auch nur zu nähern, dass der Zeitgeist heute "konservativ" sei. Dieser spiegele sich im Hang der Zeitgenossen, sich einer "neuen" Boheme im Internet hinzugeben. Man könne im Netz aufregten Blogs und Seiten studieren, um Sound, Temperatur und Geschwindigkeit kultureller Taktgeber zu analysieren. Gut, das Internet dieser Zeitgenossen, meist junger finanziell unabhängiger und beruflich erfolgreicher Mitmenschen ist elitär; auch die sogenannte Demokratiebewegung der arabischen Staaten ist elitär, denn das Gros der Armen in diesen Ländern hat keinen Internetzugang. Diese Zeitgenossen hier bei uns aber seien meist politisch rechts von der Mitte angesiedelt. Was nun wieder das bedeutet? Es bedeutet Folgendes: "Denn nur wer fleißig ist und kompetent, verdient genug Geld, um sich Anzüge maßschneidern zu lassen und Pferdelederschuhe gleich dazu." Und: " Dort würden sie beobachten können, wie die Kinder ihrer Wähler (oder ehemaligen Wähler) heute in die Gymnasien in Bad Homburg, Dahlem, Starnberg oder Harvestehude gehen. Sie würden entdecken, wie akkurat die Hemden sitzen und Frisuren, und schließlich müssten sie verstehen, dass es in dieser Welt selten chicer war, konservativ zu sein – und sich eben nicht im Merkelschen Sinne als ewig zu spät Kommender den allzu Zeitgeistigen anzubiedern." Alles O-Ton WELT! Dass die älteren Herren und Damen der sogenannten bürgerlichen Parteien keinen geschliffenen Umgang mit dem Internet pflegen, stimmt. Auch eine gewisse Kulturferne ist bei diesen Personen zu beobachten, stimmt auch. Aber den beschriebenen Personenkreis nun als progressiv zu bezeichnen, geht denn doch zu weit. Rechtskonservativ: das gibt's immer noch, und viel zu viel.
Und wie ist das mit dem Begriff Links? Hier wird verstiegen argumentiert, die "kulturelle Avantgarde" sei "nicht mehr nur links, sondern für die Bürgerlichen zum Greifen nah". War denn diese Avantgarde jemals politisch, also links, in den Zeiten des sozialen Aufbruches etwa der 20er Jahre? Ja es gab linke Kunst, bei Dix, Brecht, Kollwitz, Zille war sie "zum Greifen nah"- aber Nolde, Modersohn, Kirchner, Kandinsky, ja sogar Picasso - das war künstlerische Selbstdarstellung, keine linke Kunst, wenn man sie als politische Kunst versteht. Auch die heutigen Künstler, mit denen sich unsere Politiker manchmal umgeben (SPD_Politiker zumal) sind eher bürgerlich: Baselitz etw, Neo Rauch oder Jörg Immendorf, aber nicht politisch im programmatischen Sinn, selbst wenn es DDR-Künstler sind.
Links ist immer noch der, der sich für die Ungerechtigkeiten in dieser Welt einsetzt, der Unterdrückung anprangert und für die Gleichverteilung von Chancen ist. Der also ein politischer Mensch ist. Homo politicus eben. Wenn man unsere Parteien aber nun an diesen Maximen misst, oje, dann kann man ins Grübeln kommen. Die Parteien sind aber austauschbar geworden, was ihre Programmatik angeht; eine Ausnahme machen nur die Grünen. Sie sind in der Lage, augenfällige Probleme, etwa die Atomkraft, sehr plakativ zu thematisieren, und diese Probleme sind eben Probleme der Bürgerlichen, die sich dann gern als Wutbürger bezeichnen. Wut ist aber eigentlich etwas Ungerichtetes, Schwammiges und auch Jähes. Wut ist nicht primär revolutionär, erst dann, wenn es in die entsprechenden Bahnen gelenkt wird. Nein, neo-links sind die Grünen nicht. Denn das linke Denken ist vielschichtiger, enger plakativ und es kann auch nicht als bürgerlich bezeichnet werden. Und dennoch sehnen sich alle Parteien, auch die linken, nach der neuen Mitte, und was ist das denn nun schon wieder? Riechen tut das Wort natürlich nach Mittelmäßigkeit. Auch beliebig fällt mir dazu ein. Viehisch ist das die Definition der neuen Konservativität: Mittag bleiben, möglichst nicht abweichen vom Kurs, was man hat, bewahren. Früher hieß es mal: "Keine Experimente, CDU wählen!", das war aber 1960, und es war ein Adenauer-Plakat. Heute alles anders?
/ghe

Montag, 16. Mai 2011

bad boy DSK

Da hat sich doch einer ein Zimmermädchen in einem New Yorker Hotel gegriffen. Er hat sich nackt auf es geworfen und wollte Spass. Er rechnete nicht Gegenwehr, doch das Mädchen wehrte sich gegen den offenbar schon mehrfach einschlägig aktiven DSK. Dann lief sie zu Kollegen, die ihr rieten, sich der Direktion anzuvertrauen. Die riet dann zur Anzeige. DSK wurde im Flieger nach Paris verhaftet, und ein mittleres Erdbeben der medialen Sorte nahm seinen Lauf. Der Präsidentschaftskandidat der Sozialisten Frankreichs heißt nun mal Dominique Strauss-Kahn, und dieser Umstand hatte Sarko schon das Fürchten gelehrt, da DSK im Vorteil schien, sehr medial präsent war und publikumswirksam agieren konnte. Man kann nun spekulieren, was einen Mann morgens (also wohl nicht alkoholisiert) und vor einem Flug nach Deutschland zu Angela bewogen haben mag, sich in den politischen Selbstmord zu stürzen. Der Chef des IWF sollte eigentlich in Washington sein, war aber in NYC. Der Mann kann sich jedes aber auch jedes Edelnüttchen kaufen und befällt ein Zimmermädchen? Das übrigens schwarz war. Könnte nicht eine andere mächtige Figur diesem Kerl eine Falle gestellt haben? Könnten es vielleicht die eigenen Parteifreunde gewesen sein, die den Aufstieg des DSK verhindern wollten? Oder gar welche, die den griechenlandfreundlichen DSK stürzen wollten, um dann die Griechen leichter fallen lassen zu können?
Es ist doch soo spannend in der Hochfinanz. Ein Thriller könnte nicht besser sein.
Ich persönlich glaube nicht an die Verschwörungstheorie, selbst wenn ich sie nicht unplausibel finde. Aber ein so testosteron-gesteuerter Mann wie der, morgendliche Triebe im Hirn, da kann natürlich auch mal was abgehen... Nur diesmal ging's wohl daneben.
/ghe

Dienstag, 3. Mai 2011

Abottabad, the tragedy of Vroom

Osama bin Laden ist durch den amerikanischen Spezialdienst Navy Seals gestern Nacht in Islamabad (in einer mondänen Wohnsiedlung, in der er sich wohl seit Monaten, wenn nicht Jahren aufgehalten hat!) durch Kopfschuss nach einem Gefecht wahrscheinlich ermordet worden. Kein einem Rechtsstaat entsprechendes Verfahren wurde ihm ermöglicht; der sollte wohl nicht gefangen genommen und vor Gericht gestellt werden, sondern in einer Art alttestamentarischem Rachefeldzug glatt und sauber getötet und entsorgt werden; kein Ruhmesblatt der Amerikaner. Aber man kennt sie leider so, vroom und weg, Rambo eben. Und unsere Kanzlerin hat sich gar verstiegen, so zu formulieren:
„Ich freue mich, das Osama getötet wurde, und gratuliere den Amerikanern dazu!“.
Kälter und unmoralischer kann man es kaum ausdrücken. Und das ist nun das Geisteskostüm unserer christlich-demokratischen Kanzlerin!
Zur Klarstellung: ich bin froh, dass er weg ist, der Verursacher des 11. September, aber die Umstände sind mindestens dazu angetan, zu befremden. Ich bin der Letzte, der Al Qaida und seine Machenschaften gutheißt. Und bestrafen muss man sie alle, wenn sie sich gewalttätig einem fundamentalen Islam verschrieben haben. Das setzt aber immer ein rechtsstaatliches Verfahren voraus, und das war hier nicht gegeben. Sogar Saddam Hussein wurde vor ein irakisches Gericht gestellt und dann - richtig oder nicht - zum Tode verurteilt. Man wollte keinen Märtyrer schaffen - Okay, aber hat man es damit verhindert? Man hat ihn schmählich ins Wasser geworfen - Seebestattung wurde es sogar genannt. Auch irgendwie zynisch, finde ich. Islamischen Gepflogenheiten entsprach das sicher nicht! Und wenn er es gar nicht war?????
Aber erschreckend ist auch die Präzision des Vorgehens; der CIA ist wie schon immer der, der die Vorgaben macht. Was, wenn in zukünftigen Szenarien diese dunkle Macht die staatliche Vorherrschaft gewinnt - in ihr finden alle rechtspopulistischen Ideen eine Heimat - und diese Macht dann auch ausübt? Können wir alle uns dann vor ihr retten? Eher nicht! Finstere Aussichten...
Lieber malen wir uns statt dessen einen gütigen Weltgeist (als Weltpolizisten).

Und hüte Dich vor Druckfehlern - Seibert: "Obama wurde getötet, worüber wir uns freuen" oder so ähnlich bei Twitter.
/ghe