Donnerstag, 22. August 2013

Student sein? Medizinstudent?

Da lesen wir wieder darüber, dass die sog. 1er-Abiturienten oft leider nicht die idealen Ärzte werden, die sie nach den Zulassungsverfahren sein könnten, denn sie werden von diesen gegenüber anderen mit schlechteren Abi-Noten bevorzugt. Bekannt soweit.
Nun, einerseits ist das wieder ein Pauschalurteil, das in der Unterstellung gipfelt (Bahr), diese Mediziner würden sich ausnahmslos in Forschung und an den Uni betätigen. Das ist natürlich barer Unsinn, selbst wenn es vorkommt. Andererseits stimmt es, dass eine nur nach der Abiturnote gemessene Eignung, die angeblich durch bessere naturwissenschaftliche Kenntnisse definiert ist, kein ausreichender Hinweis auf die tatsächliche Eignung im späteren Beruf darstellt. Vielmehr ist dieser Kandidat anfällig für technische Abläufe, er ist prozessorientiert.


So gesehen, ist es nur folgerichtig, dass man endlich daran geht, andere Vorbedingungen für diesen gesellschaftlich so wichtigen Beruf zu schaffen. Das signalisieren die so genannten Verantwortlichen unserer Berufsverbände und - natürlich - unserer Politiker.
Man wird sehen, was davon dann tatsächlich realisiert wird: Auswahlgespräche, "assessment center", Landarztverpflichtung, duale Ausrichtung (z.B. vorherige Ausbildung im Krankenpflegeberuf o.ä.).
Es ist aber sehr wichtig, dass endlich das ganze Zulassungsverfahren geändert oder gar abgeschafft wird. Eine ZVS ist überflüssig; die Vergabe sollte in die Hände der Universitäten gelegt werden.
Ja, gute Ärzte braucht das Land, und nicht nur solche, die sich naturwissenschaftlich "eignen", sondern vor allem die mit ausgeprägter Sozialkompetenz, Fähigkeit zu Empathie und Blick für den

Naturwissenschaftliche Medizin ist nötig, mehr denn je, in einer Zeit, in der neue Erkenntnisse über Organfunktionen und Arzneimittel immer mehr ins Molekularbiologische zielen und den Arzt vor immer neue naturwissenschaftliche Herausforderungen stellen.

Aber man kann es nicht nur bei dieser Sichtweise belassen, denn diese verführt zu einer nur partiellen Sicht auf den Kranken, die vom spezifischen und begrenzten Organbefund ausgeht als von dessen Einbindung in den Gesamtorganismus. Schulmedizin und Ganzheitsmedizin sind eben keine Widersprüche, sondern notwendige Komplementärprozesse. Das weiß der erfahrene Arzt schon immer, der 1er-Abiturient jedoch muss für diese Erfahrung eine längeren Weg gehen als der andere, den ich als multivalent bezeichnen möchte.
Und noch etwas:
Der eigentliche Widerspruch besteht nicht in der Integration der ganzheitlichen Sicht in das naturwissenschaftliche Konzept, die ja nominell von allen abgenickt wird, sondern von der Realität unseres ökonomisch ausgerichteten Medizinbetriebs. Hier wirkt ein Mechanismus, der allein auf Technik beruht, auf Medizintechnik nämlich. Diese verführt zu reiner Partialmedizin, man kann auch sagen zu Spezialmedizin. Unser inzwischen sicher unglücklicher 1er-Abiturient ist für diese Medizin anfälliger als der multivalente Kandidat, er stützt ein ökonomisches System.
...
(Fortsetzung folgt)

Keine Kommentare: