Dienstag, 27. November 2012

Es brennt

Es ist erschütternd, zu lesen, dass der in einer Behindertenwerkstatt in Titisee ausgebrochene Brand 14 Todesopfer gefordert hat. Unerwartet und qualvoll muss es den Betroffenen ergangen sein, die aus der rasch entstandenen, wohl überaus massiven Qualmentwicklung sich nicht mehr befreien konnten. Nun setzt, wie üblich, überall Ursachenforschung ein, die bisher nichts zutage gefördert hat.
Dabei hat die hastige Medienwelt, die sich heute und bereits gestern geradezu in Betroffenheit überschlägt, zwei andere Ereignisse (von vorgestern erst) bereits in den kommunikativen Schlund des Vergessen geworfen: Die viel schlimmere Brandkatastrophe in Bangladesch mit 129 Toten und eine weniger schlimme ebendort, die glimpflicher abging.
Hier sind es die medienwirksam eingestellten Behinderten, die zu Tode kamen, was immer eine Art Garantie ist für Aufmerksamkeit, die ja so überlebenswichtig für diese unsere Medienwelt ist.
Dort sind es arme Näherinnen einer Textilfirma, die in einer auf puren Gewinn aus Billigproduktion ausgerichtete Fabrik ohne ausreichenden Brandschutz umkamen, ohne auch nu die Chance auf Rettung gehabt zu haben. Das ist, wenn überhaupt in dieser Situation Vergleiche zulässig sind, die grausamere Tatsache, denn dahintersteckt eine Art von Raubtierkapitalismus, der schließlich von Firmen bei uns, die voll auf Billiglöhne setzen, mitverschuldet ist.
Und die noch schlimmere Tatsache ist, dass sich dort eben nichts ändern wird. Hier wird nach Brandursachen geforscht. Gut so. Dort wird nur das Fehlen von Schutzmöglichkeiten registriert und der Kopf geschüttelt über solche schrecklichen Zustände. Mehr nicht.
Man spricht von KIK, C und A, Hilfiger, Calvin Klein und anderen, die - und der Skandal ist ja auch bekannt - sich an diesen Situationen massiv bereichern. Es stimmt einfach nicht, wie die Firmen behaupten, dass die "guten" und nachhaltigen Arbeitsbedingungen vor Ort die Regel sind, und von außen regelmäßig kontrolliert werden. Es stimmt eben nicht, und selbst wenn eine solche Firma gute Absichten hätte: die unendliche Kette von Subunternehmern, die die Aufträge und Produkte weiterreichen und wiederum daran verdienen, macht eine Kontrolle fast unmöglich oder würde die Kosten, wenn es sie denn gäbe, so steigern, dass die Produktion in diesen Ländern uninteressant würde.
Was mich aufregt, ist
- die Vergessens"kultur" unserer Medien und damit unserer egoistischen Gesellschaft,
- die öffentlich zur Schau getragene Heuchelei von Firmen und Medien,
- das beflissenen Wegsehen der "Öffentlichkeit" von dieser Schande, obwohl die
Missstände reichlich genau und lange bekannt sind,
- die offenkundige Schamlosigkeit solcher Firmen diesen Ländern gegenüber,
- und dass nichts aber auch gar nichts "passiert".
Also, man könnte auch sagen: es brennt, aber es gibt keine Feuerwehr.

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