Es ist erschütternd, zu lesen, dass der in einer Behindertenwerkstatt in Titisee ausgebrochene Brand 14 Todesopfer gefordert hat. Unerwartet und qualvoll muss es den Betroffenen ergangen sein, die aus der rasch entstandenen, wohl überaus massiven Qualmentwicklung sich nicht mehr befreien konnten. Nun setzt, wie üblich, überall Ursachenforschung ein, die bisher nichts zutage gefördert hat.
Dabei hat die hastige Medienwelt, die sich heute und bereits gestern geradezu in Betroffenheit überschlägt, zwei andere Ereignisse (von vorgestern erst) bereits in den kommunikativen Schlund des Vergessen geworfen: Die viel schlimmere Brandkatastrophe in Bangladesch mit 129 Toten und eine weniger schlimme ebendort, die glimpflicher abging.
Hier sind es die medienwirksam eingestellten Behinderten, die zu Tode kamen, was immer eine Art Garantie ist für Aufmerksamkeit, die ja so überlebenswichtig für diese unsere Medienwelt ist.
Dort sind es arme Näherinnen einer Textilfirma, die in einer auf puren Gewinn aus Billigproduktion ausgerichtete Fabrik ohne ausreichenden Brandschutz umkamen, ohne auch nu die Chance auf Rettung gehabt zu haben. Das ist, wenn überhaupt in dieser Situation Vergleiche zulässig sind, die grausamere Tatsache, denn dahintersteckt eine Art von Raubtierkapitalismus, der schließlich von Firmen bei uns, die voll auf Billiglöhne setzen, mitverschuldet ist.
Und die noch schlimmere Tatsache ist, dass sich dort eben nichts ändern wird. Hier wird nach Brandursachen geforscht. Gut so. Dort wird nur das Fehlen von Schutzmöglichkeiten registriert und der Kopf geschüttelt über solche schrecklichen Zustände. Mehr nicht.
Man spricht von KIK, C und A, Hilfiger, Calvin Klein und anderen, die - und der Skandal ist ja auch bekannt - sich an diesen Situationen massiv bereichern. Es stimmt einfach nicht, wie die Firmen behaupten, dass die "guten" und nachhaltigen Arbeitsbedingungen vor Ort die Regel sind, und von außen regelmäßig kontrolliert werden. Es stimmt eben nicht, und selbst wenn eine solche Firma gute Absichten hätte: die unendliche Kette von Subunternehmern, die die Aufträge und Produkte weiterreichen und wiederum daran verdienen, macht eine Kontrolle fast unmöglich oder würde die Kosten, wenn es sie denn gäbe, so steigern, dass die Produktion in diesen Ländern uninteressant würde.
Was mich aufregt, ist
- die Vergessens"kultur" unserer Medien und damit unserer egoistischen Gesellschaft,
- die öffentlich zur Schau getragene Heuchelei von Firmen und Medien,
- das beflissenen Wegsehen der "Öffentlichkeit" von dieser Schande, obwohl die
Missstände reichlich genau und lange bekannt sind,
- die offenkundige Schamlosigkeit solcher Firmen diesen Ländern gegenüber,
- und dass nichts aber auch gar nichts "passiert".
Also, man könnte auch sagen: es brennt, aber es gibt keine Feuerwehr.
Dienstag, 27. November 2012
Mittwoch, 21. November 2012
Buss-und Bet-Tag
Es ergibt sich dieses: man schreibt ein zweites Mal über ein protestantisches Dilemma, den Bussundbettag. Keine Gazette unserer Zeit schreibt was über diesen wichtigen Tag, nur der Deutschlandfunk hat sein politisches Feuilleton mal darauf hingeleitet und läßt schreiben, dass man heute mehr an seine eigen Fehler denken sollte, als an das, was heute gängig ist, die Fehler der andern anzuprangern. Recht hat er.
Was anderes ist es mit der Würdigung eines solchen Tages durch unsere Zeitungswelt. Die ist ja mehr auf Krawall gebürstet als auf nachdenklichere Berichterstattung oder auf Reflexion. Kein einziger Hinweis auf diesen Tag, der ja dem Protestanten so wichtig ist, keiner, dafür aber eine ganzseitige Besprechung eines neuen Papstbuches zum Thema Jesus und dessen merkwürdige Fähigkeit, über das Wasser zu wandeln... So what? Ist das etwa nicht nachdenklich? Der Papst als Buchautor, das geht immer im Feuilleton der Zeitungen und nährt die Auflage.
In den Medien bricht sich eine andere Thematik derzeit Bahn, das Thema Leben mit dem Tod... Wie das? Nun, das ist dem allgemeinen Trend folgend, letzte Tabus aufzubrechen, um "darüber zu reden". Merkwürdige Einstellung, unappetitlich und abstoßend. Tod ist was Persönliches, nicht Öffentliches, genau wie Beten... Büssen oder beten aber, das ist kein "Teaser", das hat ja doch was Selbstverpflichtendes und passt nicht in unsere Zeit, in der der Finger immer auf den anderen gerichtet ist. Doch weisen nicht immer auch die anderen Finger auf einen selbst zurück??
Das bringt mich auf die derzeit so emsig betriebene Sucht der Fehlerbewältigung in unserer Profession. Da wird sich bemüht, den Eindruck zu erwecken, dass ein Kunstfehler, der ja immer auch strafrechtlich relevant ist, zu einer internen Diskussion (mit Selbstanzeige) zu machen, mit dem Ziel, ihn intern zu "verarbeiten" und damit eine Fehlerreduktion zu erreichen. Das wäre eigentlich ein dem Busstag entsprechendes Verhalten, löblich und wünschenswert, aber doch unrealistisch. Unser medizinischer Alltag ist anders gebaut: hat er doch wieder ein Regelwerk geschaffen, dass sich nahtlos in die bürokratische Welt des Klinikalltags einfügt und in dieser sterilen Anonymität nichts für den Einzelnen bringt. Und jeder, der damit mal befaßt war, bedenkt die Folgen und schweigt.
Buße ist etwas Persönliches. Luther sagt: mit der Buße nähere ich mich Gott.
Das zum Buss-und Bettag
Was anderes ist es mit der Würdigung eines solchen Tages durch unsere Zeitungswelt. Die ist ja mehr auf Krawall gebürstet als auf nachdenklichere Berichterstattung oder auf Reflexion. Kein einziger Hinweis auf diesen Tag, der ja dem Protestanten so wichtig ist, keiner, dafür aber eine ganzseitige Besprechung eines neuen Papstbuches zum Thema Jesus und dessen merkwürdige Fähigkeit, über das Wasser zu wandeln... So what? Ist das etwa nicht nachdenklich? Der Papst als Buchautor, das geht immer im Feuilleton der Zeitungen und nährt die Auflage.
In den Medien bricht sich eine andere Thematik derzeit Bahn, das Thema Leben mit dem Tod... Wie das? Nun, das ist dem allgemeinen Trend folgend, letzte Tabus aufzubrechen, um "darüber zu reden". Merkwürdige Einstellung, unappetitlich und abstoßend. Tod ist was Persönliches, nicht Öffentliches, genau wie Beten... Büssen oder beten aber, das ist kein "Teaser", das hat ja doch was Selbstverpflichtendes und passt nicht in unsere Zeit, in der der Finger immer auf den anderen gerichtet ist. Doch weisen nicht immer auch die anderen Finger auf einen selbst zurück??
Das bringt mich auf die derzeit so emsig betriebene Sucht der Fehlerbewältigung in unserer Profession. Da wird sich bemüht, den Eindruck zu erwecken, dass ein Kunstfehler, der ja immer auch strafrechtlich relevant ist, zu einer internen Diskussion (mit Selbstanzeige) zu machen, mit dem Ziel, ihn intern zu "verarbeiten" und damit eine Fehlerreduktion zu erreichen. Das wäre eigentlich ein dem Busstag entsprechendes Verhalten, löblich und wünschenswert, aber doch unrealistisch. Unser medizinischer Alltag ist anders gebaut: hat er doch wieder ein Regelwerk geschaffen, dass sich nahtlos in die bürokratische Welt des Klinikalltags einfügt und in dieser sterilen Anonymität nichts für den Einzelnen bringt. Und jeder, der damit mal befaßt war, bedenkt die Folgen und schweigt.
Buße ist etwas Persönliches. Luther sagt: mit der Buße nähere ich mich Gott.
Das zum Buss-und Bettag
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