Samstag, 26. Februar 2011

Herr Guttenberg und die Moral

Das Abfassen einer Doktorarbeit war vor ein paar Tagen Gegenstand einer heftigen, gar leidenschaftlichen Bundestagsdiskussion. Das könnte ja berechtigte Hoffnungen wecken auf die so notwendige Steigerung des geistigen Niveaus unserer Politiker. Leider fielen aber in ebendieser Diskussion unerwartet Worte wie "Hochstapler" oder "Betrüge", wobei Täuschung und Tarnung noch die harmlosesten Beiwörter waren. Es ging bei diesen Suffixen um eine hochpeinliche Plagiatsaffäre des ach so populären Adligen ZU Guttenberg, seines Zeichens Verteidigungsminister und der "beliebteste" Politiker der Merkeltruppe. Ich sehe die Sitzung, staune und es graust mich. Nicht wegen der Wortwahlen Oppermanns oder Gabriels (SPD), oder auch Trittins, die ich nach reiflicher Überlegung wegen der Verhaltensweisen des "ZU" für durchaus angebracht halte, sondern wegen der larmoyanten Selbstkasteiung dieses so selbstgefälligen Herrn. Irgendwo las ich "Entschuldigung nach Gutsherrenart", und das stimmt auch. Ich hörte heute morgen den politischen Kommentar im Deutschlandradio. Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen, auch der Feststellung, welche Rolle BILD und das Volk in dieser Hinsicht spielen. Trotz der ja unbestrittenen Vorwürfe bleibt ZU in der Volksmeinung unbeschädigt. Man nennt das wohl "kognitive Dissonanz" oder geteilte Wahrnehmung, die auch damit zusammenhängt, das viele ja gar nicht wissen, wieviel echte Arbeit in einer Dissertation steckt, und dass die Literaturliste zu den arbeitsintensiven Abschnitten zählt. So war das jedenfalls bei uns, und damals gab es noch kein "Googlen", vielleicht zum Glück.
Der "gemeine" Bürger weiß ja eigentlich nicht, was eine Doktorarbeit ist, und der Arzt wird ja immer noch mit und ohne Titel der "Dockter" genannt. In den akademischen Kreisen jedoch herrscht Unbehagen, ja Wut über das Verhalten eines exponierten Politikers und Adligen vor. Nun wirft eben der gemeine Bürger ja diesen Kreisen immer noch "Elitedenken" vor, und eine unterschwellige Ablehnung der "Intelligentsia"kommt auch immer noch zum Ausdruck. Was wollen "die" denn? Dies bisschen "Geschummele", alle haben wir es schon getan, angesichts von Afghanistan und Libyen, gibt es nichts Wichtigeres? Nein und nochmals nein. Hier stellt sich in der Tat die Frage nach der Moral in der Politik. Diese ist in Gefahr, das werden wir aber erst später oder bei anderer Gelegenheit merkeln. Und ist sie nicht bereits vergessen, die Moral, wenn man bedenkt, wie Politiker in der Vergangenheit mit den sunnitischen Machthabern in Libyen und Ägypten umgegangen sind, bis die Ereignisse ihnen die Maske vom Gesicht gerissen haben?
/ghe

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