Das Abfassen einer Doktorarbeit war vor ein paar Tagen Gegenstand einer heftigen, gar leidenschaftlichen Bundestagsdiskussion. Das könnte ja berechtigte Hoffnungen wecken auf die so notwendige Steigerung des geistigen Niveaus unserer Politiker. Leider fielen aber in ebendieser Diskussion unerwartet Worte wie "Hochstapler" oder "Betrüge", wobei Täuschung und Tarnung noch die harmlosesten Beiwörter waren. Es ging bei diesen Suffixen um eine hochpeinliche Plagiatsaffäre des ach so populären Adligen ZU Guttenberg, seines Zeichens Verteidigungsminister und der "beliebteste" Politiker der Merkeltruppe. Ich sehe die Sitzung, staune und es graust mich. Nicht wegen der Wortwahlen Oppermanns oder Gabriels (SPD), oder auch Trittins, die ich nach reiflicher Überlegung wegen der Verhaltensweisen des "ZU" für durchaus angebracht halte, sondern wegen der larmoyanten Selbstkasteiung dieses so selbstgefälligen Herrn. Irgendwo las ich "Entschuldigung nach Gutsherrenart", und das stimmt auch. Ich hörte heute morgen den politischen Kommentar im Deutschlandradio. Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen, auch der Feststellung, welche Rolle BILD und das Volk in dieser Hinsicht spielen. Trotz der ja unbestrittenen Vorwürfe bleibt ZU in der Volksmeinung unbeschädigt. Man nennt das wohl "kognitive Dissonanz" oder geteilte Wahrnehmung, die auch damit zusammenhängt, das viele ja gar nicht wissen, wieviel echte Arbeit in einer Dissertation steckt, und dass die Literaturliste zu den arbeitsintensiven Abschnitten zählt. So war das jedenfalls bei uns, und damals gab es noch kein "Googlen", vielleicht zum Glück.
Der "gemeine" Bürger weiß ja eigentlich nicht, was eine Doktorarbeit ist, und der Arzt wird ja immer noch mit und ohne Titel der "Dockter" genannt. In den akademischen Kreisen jedoch herrscht Unbehagen, ja Wut über das Verhalten eines exponierten Politikers und Adligen vor. Nun wirft eben der gemeine Bürger ja diesen Kreisen immer noch "Elitedenken" vor, und eine unterschwellige Ablehnung der "Intelligentsia"kommt auch immer noch zum Ausdruck. Was wollen "die" denn? Dies bisschen "Geschummele", alle haben wir es schon getan, angesichts von Afghanistan und Libyen, gibt es nichts Wichtigeres? Nein und nochmals nein. Hier stellt sich in der Tat die Frage nach der Moral in der Politik. Diese ist in Gefahr, das werden wir aber erst später oder bei anderer Gelegenheit merkeln. Und ist sie nicht bereits vergessen, die Moral, wenn man bedenkt, wie Politiker in der Vergangenheit mit den sunnitischen Machthabern in Libyen und Ägypten umgegangen sind, bis die Ereignisse ihnen die Maske vom Gesicht gerissen haben?
/ghe
Samstag, 26. Februar 2011
Mittwoch, 16. Februar 2011
Skizze
Da läuft ein Film auf der Berlinale: Future. Und er wird so kommentiert:
"Ein Mann und eine Frau sitzen auf einem alten Sofa, jeder mit einem Laptop auf seinem Schoß, versunken in YouTube und Facebook. Im Hintergrund kalifornisches Licht und struppige Topfpflanzen. Sie sind Mitte Dreißig und leben so vor sich hin, in einem Alltag aus Internetsurfen, öden Jobs und Gesprächen voll gelangweilter Selbstironie und passiver Aggressivität. Was sie eigentlich von ihrem Leben wollen, wissen sie nicht; es verläuft unverbindlich und lässig wie in einer Werbung von American Apparel. Irgendwann beschließt das Paar, eine Katze zu adoptieren: "Ein großer Schritt, nicht wahr?" sagt Sophie bedeutungsvoll zu Jason...!
Damit könnte der Film eigentlich auch enden, denn die Beschreibung unserer so coolen Jugend ist damit vollkommen abgeschlossen.
Und mein verdacht: um diesen (von Hoffnung eher nicht erfüllten) Zustand zu erreichen, demonstrieren sie in Kairo und in Tunesien.
Apple sei dank.
/ghe
"Ein Mann und eine Frau sitzen auf einem alten Sofa, jeder mit einem Laptop auf seinem Schoß, versunken in YouTube und Facebook. Im Hintergrund kalifornisches Licht und struppige Topfpflanzen. Sie sind Mitte Dreißig und leben so vor sich hin, in einem Alltag aus Internetsurfen, öden Jobs und Gesprächen voll gelangweilter Selbstironie und passiver Aggressivität. Was sie eigentlich von ihrem Leben wollen, wissen sie nicht; es verläuft unverbindlich und lässig wie in einer Werbung von American Apparel. Irgendwann beschließt das Paar, eine Katze zu adoptieren: "Ein großer Schritt, nicht wahr?" sagt Sophie bedeutungsvoll zu Jason...!
Damit könnte der Film eigentlich auch enden, denn die Beschreibung unserer so coolen Jugend ist damit vollkommen abgeschlossen.
Und mein verdacht: um diesen (von Hoffnung eher nicht erfüllten) Zustand zu erreichen, demonstrieren sie in Kairo und in Tunesien.
Apple sei dank.
/ghe
Montag, 14. Februar 2011
Ägypten und das alles
Das stand nun im Spiegel online: bei den Protesten in Ägypten handle es sich "streng genommen um einen öffentlich gestützten Militärputsch"! Hier kann ich nur dem klugen Spiegelredakteur oder der -in Recht geben, denn was unseren Blätterwald und unsere Bildschirme so auflagen-, quotenwirksam aufrührte, war ein Protest von ein paar Millionen Gebildeten, US-Ägyptern, Internetfähigen; die anderen 70 Millionen blieben ungerührt. Den eigentlichen Schnitt hat das Militär gemacht, denn Mubarak war wohl "fällig" und jetzt hat eine (vorläufig) moderat agierende Militärregierung das Sagen. Da werden wir uns noch wundern, der Araber ist ja gewitzt und für jeden Handel zu haben - mal sehen was die Generäle herausschlagen aus dem Westen, der ja das alles unterstützen möchte, nebulös und schwammig.
Montag, 7. Februar 2011
Bewegendes Fernsehen
Dieses TV-Rührstück, genannt Goldene Kamera, das ich gestern per Zufall sehen musste, hat mich sehr bewegt, allerdings mehr die physiologischen Zentren meines Zentralnervensystems, die das Erbrechen steuern. Es war schlimm, was da gestern wieder dem Quotengott geopfert wurde, als die verschiedenen Kandidaten dieser Trophäe, ernst zunehmende allzumal, wie Tukur oder Liefers, abgearbeitet waren. Dann Auftritt einer Frau Liehrhaus. Nie gehört, aber muss wohl eine der "beliebtesten" Sportreporter gewesen sein, bis sie eine Krankheitskomplikation ereilte, die ich nur zu gut kenne. Sie erlitt nach Hirnaneurysma-OP eine Hirnblutung und wurde "ins künstliche Koma" versetzt. Schlimm das alles, aber dann: das gütige Fernsehen, es brachte es fertig, die halbwegs rehabilitierte Frau (Glückwunsch zu dieser Energie) nicht nur mit teil-enblößter Brust auf die TV-Bühne zu bringen, sondern auch als Gipfel der Geschmacklosigkeit eine Soap mit Heiratsantrag daraus zu machen, genau an der Stelle. Nun kann man verstehen, dass das ÖRTV jede Quote an Zuschauerzahlen braucht, die nur erreichbar ist und - potztausend - das hat geklappt. Wie sie sich schnäuzten und die Tränen trockneten, wie sie schluchzten und auch ernst blickten, die TV Größen - so wird auch die Meute an den Bildschirmen geflennt haben.
Also ich fand das so extrem trashy, kitschig, so geschmacklos, wie schon lange nicht mehr TV. Ja wenn's wenigstens RTL gewesen wäre... Und böse, wie ich wurde, dachte ich auch daran, wieviel die Frau wohl für diesen schlimmen Auftritt kassiert haben mag???? Man könnte über die moralische Tugend der Sittlichkeit in unserer Gesellschaft diskutieren, oder über den Kant'schen kategorischen Imperativ, aber das bringt nichts, und das habe ich mir schon lange abgewöhnt. Nur eines noch: es gilt - wir haben genau das Fernsehen, das wir verdienen...
Schönen Tag noch.
/ghe
Also ich fand das so extrem trashy, kitschig, so geschmacklos, wie schon lange nicht mehr TV. Ja wenn's wenigstens RTL gewesen wäre... Und böse, wie ich wurde, dachte ich auch daran, wieviel die Frau wohl für diesen schlimmen Auftritt kassiert haben mag???? Man könnte über die moralische Tugend der Sittlichkeit in unserer Gesellschaft diskutieren, oder über den Kant'schen kategorischen Imperativ, aber das bringt nichts, und das habe ich mir schon lange abgewöhnt. Nur eines noch: es gilt - wir haben genau das Fernsehen, das wir verdienen...
Schönen Tag noch.
/ghe
Abonnieren
Posts (Atom)