Mittwoch, 17. Juni 2009

solare Energie in der Sahara? Neokolonialismus!

Als langjähriger SES-Afrika-Experte mit mehrfachen Entwicklungseinsätzen als Arzt in Ostafrika und anderen Ländern habe ich die Energie-Notlage der Subsahara-Länder Afrikas kennengelernt. So bin auch ich der Meinung, dass solare Energiegewinnung ein total ungenütztes Potential des afrikanischen Kontinents ist. Das Projekt, solare Energie in nordafrikanischen Bereichen zu gewinnen, scheint mir daher, wenn es denn technisch und kostenrelevant umsetzbar ist (was ich noch bezweifle), eine riesige Chance für den gesamten afrikanischen Kontinent zu sein.

Was mich aber an dem Konzept, so wie es in den Medien übereinstimmend berichtet wird, immens stört, ist die öffentlich geäußerte Absicht, hier (in Afrika also) eine Energiequelle nur für Deutschland "aufzureißen". Dieses ist ein westliches Industrieland, das bisher Afrika und seine Länder, abgesehen von Scheckheft-Entwicklungshilfe, wirtschaftlich fast völlig im Stich gelassen hat und seinen Markt, wie alle anderen EU-Länder auch, weitgehend abgeschottet hat. Die Absicht also, Sonnenenergie auf dem afrikanischen Kontinent zu gewinnen, die "nur" Deutschland zur Verfügung stehen soll, ist für mich reiner Neokolonialismus und kann so nicht ernsthaft diskutiert werden, zumindest nicht dann, wenn über den reinen Medienrummel hinaus sachliche Gründe für die Realisierung angeführt werden sollen.

Hierzu zählt die seriöse Vorplanung mit der finanziellen Aufwandsberechnung (immerhin angeblich 400 Mrd. Euro!) genau so wie die frühzeitige Einbeziehung der afrikanischen Länder, in denen die Anlagen aufgestellt werden sollen. Da ist dann ein besonderes Augenmerk auf die politische Situation zu richten, denn sowohl der Tschad, der Sudan und gerade auch Somalia und Äthiopien sind politisch instabil und haben große Minderheitenprobleme (wie bekannt).

In einem weiteren Schritt muss m.E. zwingend eine Absprache mit der Afrikanischen Union und SDAC (wirtschaftlicher Zusammenschluss südlicher Staaten, wie Angola, Mozambik, Südafrika und etwa Zimbabwe) erfolgen, so schwierig das auch sein wird. Aber nur so kann eine solide Grundlage dieses ehrgeizigen Projektes geschaffen werden, die dann nicht nur Deutschland (überhaupt: sind wir denn plötzlich wieder Alleinversorger ohne europäischen oder globalen Kontext?) zugute käme sondern auch und eben besonders dem heuchlerisch so hochgelobten und tatsächlich so allein gelassenen Kontinent Afrika. Es wäre auch eine Chance zu dessen wirtschaftlicher Selbstbestimmung, und ein wirksamer Beitrag zum BMZ- Milleniumsziel, die Armut in Afrika in diesem Jahrhundert zu halbieren.

Neokolonialismus und Ausbeutung können nicht zukunftsweisend sein, auch wenn sie den Wohlstand in Deutschland sichern könnten. Christlich ist das nicht. Allein der Gedanke daran beschämt.

/ghe

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