Dienstag, 27. Juli 2010

Afghanistan und unser Gesicht

Es stand wieder mal im Spiegel. Nämlich dass die vielen tausende Dokumente über die unsäglichen Kriegsverbrechen der Alliierten in A.rechtlich belastbar und damit "wahr" sind. Ich erinnere mich an dieses Filmchen von Wikileaks über das Abknallen von unschuldigen Journalisten und die zynischen Kommentare dazu aus dem Hubschrauber der US-Armee. Danach wurde immer nur über die Frechheit der Publizisten, nicht aber über das Verbrechen der GIs diskutiert, geschweige denn wurden diese zur Rechenschaft gezogen. Das ist die Wirklichkeit, unter der nun gejammert wird, wie schnell man da wieder raus kommt - exit strategy auf neudeutsch. Ohne das Gesicht zu verlieren - habenwir denn eines?
In ebendiesem Spiegel folgender Beitrag:
Warum die Nato aus Afghanistan abziehen muss...
Lesenswert. Und politisch wunderbar unkorrekt!
/ghe

Donnerstag, 22. Juli 2010

die Sache mit Löw

Heiliger Zorn: Dieser Löw, Bundestrainer für eine Handvoll Jungspunde und Ballspinner, verdient bis zu 4 Mio Euro im Jahr, nach einer Mitteilung der WELT heute, mit dem geradezu unverschämten Zusatz "Dabei hat er dem deutschen Fußball die Schönheit des Spiels zurückgebracht – ob nun demnächst für 225.000 oder gar 333.000 Euro monatlich. Da sollte egal sein, welche der medialen Schätzungen nun stimmt".
Ich habe ja die WM freundlich interessiert mitverfolgt und weiss jetzt sogar schon ein wenig mehr über die Abseitsfalle. Auch den Pseudopatriotismus habe ich schon diskutiert. Aber "Schönheit" als Begründung für 4 Mio Jahresgehalt?
Doch jetzt hat sich der Löw selber ins Abseits gestellt.
Zum Vergleich: Sepp Herberger verdiente 1954 umgerechnet 1500 Euro monatlich = 18.000 Euro/Jahr...
Abgesehen davon, dass man diese 4 Mio. schon mit guter Erfolgsrate in armen Ländern einsetzen könnte - bei der Bekämpfung von Hunger, AIDS und auch Herzkrankheiten, ist es einfach obszön, solche Summen über Vertragsverhandlungen einzufordern. Dieses unkommentierte Berichten in den Zeitungen ebenfalls. Klar - entscheidend ist ein sog. Marktwert, der heute der Leitwert bei allem ist; andere Werte werden heute nicht mehr sinngebend verhandelt. Ökonomie bestimmt unsere Tage, mehr als es früher etwa die Religion tat. Dazu passt auch, dass dieser Löw, der mir nun richtig unsympathisch geworden ist, Werbeeinnahmen (höchste natürlich) beanspruchen darf.
Was bedeutet das alles?
Um es vorwegzunehmen: dies ist kein weiterer Beweis für Neiddenken. Obwohl...
Nein, unsere Gesellschaft, deren Umgang mit der Wirtschaftskrise (welche Krise?) ja nach Angelas Worten im Ausland fast als "kleines Wunder" angesehen wird, ist in erster Linie eine Beliebigkeitsgesellschaft, der im Grunde alles egal ist, wenn nur die Kohlen stimmen. Und wenn der Freizeitwert (auch einer der neuen Werte) ein gewisses Mass an Wichtigkeit erreicht hat. Siehe Lena-Hype. Freizeit ist ein Freiheitswert, übrigens, in dem man z.B. frei von Arbeit ist.Freiheit wovon zählt mehr als Freiheit wofür. Das sieht auch Joachim Löw so. ER versorgt die Menschen mit der Ersatzreligion Fussball, ER ist hinter allen Dingen, ER hat die Macht und das Vermögen (vor allen Dingen)...
Schöne neue Welt (von der sich Huxley nichts träumen ließ).

Freitag, 9. Juli 2010

Fussball ist unser Leben... ?

Fussball ist unser Leben, sagen die Medien, und verdienen daran - Nike, Adidas etc.. Das gilt,selbst wenn Träume zerplatzen.Wie am Mittwoch, als unsere "Jungs" sich von den Spaniern einpacken ließen.
Schade, aber nun verschwinden wohl auch wieder die Embleme der Fussballpatrioten, Fahnen, Vuvuzelas (schreckliche Lärmwaffen) Autoschmuck und Wangenfleckfieber - alles schwarz-rot-gold!
Selbst in meiner Familie haben sie sich mit schwarz-rot-gold eingeschmiert. Patriotismus?
Ja was hat es denn nun mit dem medial überhöhten Fussballpatriotismus auf sich? Geben wir der Vaterlandsliebe nun wieder Raum in der deutschen Seele? Dulce et decorum est pro patria mori? oder pro patria discedere?
Patriotismus ist eigentlich was Positives und hat mit Chauvinismus nichts zu tun. Bekannt ist der Gegensatz zum Nationalismus, mit dem wir nichts mehr zu tun haben wollen.Der Patriot liebt sein Vaterland und äußert sich auch dazu, und wenn er es nicht über Stammtischrituale, sondern über die Rituale einer nationalen Fußballmannschaft tut, so ist das eine harmlosere von vielen Möglichkeiten. Nun ist diese Fußballmannschaft aber nicht so national, sondern viele Spieler haben einen, wie man heute sagt, "Migrationshintergrund", d.h.sie oder ihre Familien sind zugewandert. Sie reflektieren also etwas Multikulturelles, was nicht negativ zu verstehen ist, aber das im Zusammenhang mit dem aufbrandenden Deutschland-Gefühl definiert werden muss. Warum wird eine kaum deutsche Sportmannschaft zum Deutschlandsymbol? Oder ist es nur das momentane Fragment einer ansonsten an diesen Werten herzlich uninteressierten Gesellschaft, die einfach nur Spass hat? Der Leitwert unserer jungen Generation ist der Spass, das was cool ist, und gibt es nicht Spasskindergärten, Spaßpädagogik, Spass-Events etc., was nur das gleiche signalisiert: nur nichts ernst nehmen...

Alles ist Trend und vorübergegehend, schnell vorbei und sehr beliebig. Ist dieser Patriotismus also auch nur nur ein Trend? Wieder vorbei, wenn der Auslöser vorbei ist?
Ich meine: Letzteres, denn das Ganze ist in die Serie von Trendsettings einzuordnen, das wie Schminke, Mode oder Bart immer nur solange gilt wie es "in" ist, dieses schreckliche Wort der verdeckten Ausgrenzung. Also, wenn dieser Pseudopatriotismus leider doch keine neue innere Bewusstseinslage,einen neuen alten Wert widerspiegelt, der plötzlich die Formel "das deutsche Vaterland"wieder zu einer stabilen Aussage werden läßt, dann ist doch alles halb so schlimm.

"Schland, o Schland"... Es ist doch heute alles nur Trend und Spass. Und daher eigentlich eher lächerlich.
Was guckst DU??
/ghe