Samstag, 23. Januar 2010

Nun haben wir wieder was: IQWIG und das Pharma-Karma.

Bous, 23.1.2010
Seit einigen Tagen meldet die Presse, wenn auch sanft und abgespeckt, über ein Verfahren gegen den Chef des unabhängigen Kontrollinstituts IQWIG (Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen), dessen Vertrag wegen kleiner Fehler bei Spesenabrechnungen (so wird es jedenfalls in der Presse zugegeben) nicht verlängert wird. Es handelt sich um den Fall Sawicki.
Man muss wissen, dass das Institut – von der SPD eingerichtet – und dieser Professor Sawicki sich bei der Kontrolle der Pharmaindustrie einen Namen gemacht haben, indem z.B. überteuerte Medikamente in ihrem Nutzen geprüft wurden und man dann oft zu dem Schluss kam, dass eine Markteinführung bei derart geringem Nutzen nicht gerechtfertigt war. Das freute diese mächtige Industrie natürlich gar nicht, sie konnten aber dieses Institut irgendwie nicht auf Linie bringen! Da war zu viel sorgfältige Arbeit im Spiel. Mist, Mist! Warten also auf den günstigsten Zeitpunkt der Vernichtung dieses Schmutzfinken. Regierungswechsel. FDP. Klientelschutz. Und nun geht plötzlich alles, vor allem Sawicki. Wieder freies Feld für die Machenschaften dieses Kartells, das Medikamente inzwischen nur auf en Markt bringt, um Geld zu verdienen, nicht aber, um den Menschen zu helfen.
Ich bin ja nun selber Doktor, war selber "Entscheider" und weiß, wie dieses Kartell funktioniert und wie es in der Lage ist auf den verschiedenen Instrumenten meisterhaft zu spielen.

Erstes Instrument: der Arzt. Das habe ich oft genug am eigenen Leibe erfahren, und zugegeben: nicht leidvoll, sondern als Mitspieler. Schmeichelhafte Besuche von „seriösen“ Pharmavertretern, mit dem Ziel der Beeinflussung, zunächst durch Worte, dann durch Bestechung (die man nie so ganz und sofort als solche erkennen sollte), schließlich durch Drohungen oder „Liebesentzug“, etwa, dass die teuren Teilnahmen an Kongressbesuchen nicht mehr durch diese Firma getragen würden. Fast jeder knickte ein und verordnete wunschgemäß.
In dieses Feld gehören natürlich auch die Industrie -gesteuerten Studienaufträge. Mit hohem finanziellen Aufwand werden Studien (etwa diese riesigen trials zu den ACE-Nachfolgepräparaten) initiiert, die bestimmte (natürlich positive) Ergebnisse erzielen müssen, sonst wird die Studie eben abgebrochen, meist aus so genannten ethischen Gründen!
Zweites Instrument: der Apotheker. Da bin ich nun nicht so genau informiert, aber ich weiß, dass so genannte Rabattverträge auch im Sinn der Pharmafirmen wirken, dass nämlich eine Bindung an diese und nur diese Firma erzeugt wird, wenn man einen solchen Vertag abschließt.
Drittes Instrument: Werbung. Weites Feld. Hier greift dann die plumpe psychologische Steuerung auf dem Laiensektor, oder die etwas verfeinerte Steuerung auf dem Fachpressesektor. Doch damit wird ja in diesen Medien sehr viel Geld verdient. Und das ist auch ein Grund, weshalb die Presseinformation über die Causa Sawicki nur schleppend in Gang kommt oder aber eben sehr weichgepolstert. Es gibt aber Ausnahmen der Berichterstattung, wie z.B. dieser Link zu einem Video des ZDF.
Sollte man sich ansehen.
Viertes Instrument: Politik. Das ist ja nun das, was am meisten stinkt, weil es jetzt so offensichtlich wurde. Viele Volksvertreter waren es schon immer verdeckt, und sind es nun ganz offen: wohl nur noch Ausführungsorgane einer mächtigen Lobby. Es fällt einem John le Carre ein (Der ewige Gärtner). Dabei macht die linkslastige CDU fast weniger Ärger als diese Gelben. Dieser Rösner, der die mühsam Gestalt annehmenden Anstrengungen zur sektorübergreifenden Versorgung möglichst schnell wieder rückgängig machen will, der als Aufseher über den Gesundheitsfond einen hochkarätigen Vertreter der PKV berufen hat, der die Einnahmen im Gesundheitssystem steigern, aber die Ausgaben (für Arzneimittel) nicht begrenzen will, der hat nun auch den Sawicki abgeschossen. Gratulation. FDP. Man nennt das heute Klientelpolitik. Auch unsere Kollegen, die Ärzte, freut das - wenn auch nur eine besondere Gruppe, die nämlich der niedergelassenen Fachärzte, die ihre Existenz endlich wieder gesichert sehen.

Hier müsste nun ein Diskurs über die Frage anheben, was denn nun eigentlich liberal sei. Freiheit der Andersdenkenden? Freiheit im Sinne von „ich bin so frei“? Frei sein von allen Fesseln, um die Ellenbogen frei zu haben, aber nicht Freiheit für die Schwachen im Lande? Sucht es Euch aus.
/ghe

Dienstag, 12. Januar 2010

Winterfreuden 2010

Dienstag, 12. Januar 2010 08:04
Angela sagt ja nichts mehr. SPD und Al Qaida sind auch nicht mehr so präsent und Wahlen stehen bis Mai auch nicht an. So fehlen hämische Nachrichten derzeit, wenn man von Liebesaffären irischer Politiker und dem Wirtschaftsreisenden namens Westerwelle mal absieht. Sicher Margot hat‘s mal gesagt, wie schön, endlich mal ein(e), die „Afghanistan nicht gut“ findet, aber – sie rudert jetzt ganz schön zurück, nachdem sie vor den vonundzu G. zitiert wurde. Tja, ein paar Nachrichten eben.
Aber was ist das schon gegen diese Katastrophe:
Eine beispiellose Katastrophe namens Nachrichtenflut, den Wintereinbruch, denn mehr war es ja nicht, betreffend, ist über den Nachrichten-konsumierenden Rentner hereingebrochen. Man sprach von Schneechaos, Schneekatastrophe und auch vom Elend der Menschen in der Kälte, die allerdings teilweise lustig über die Schneehügel rutschten und auch bei Geschehnissen, wie dem Landeanflug des Autos in den Graben, nur ein wenn auch etwas gezwungenes Lächeln aussandten – es ist eben Winter. Es soll auch Erfrierende und Erfrorene gegeben haben. Leider viel zu wenige, um die Schlagzeiten zu füllen und die Auflage oder Reichweite oder Quote zu erhöhen… Winterliches wurde zu Lebensbedrohung, es wurde in der Tat empfohlen, sich für mindesten drei Tage Lebensmittelvorräte anzulegen, sozusagen, Notversorgung wegen der drohenden Vernichtung!
Sicher, in manchen Regionen, etwa auf der Insel Fehmarn, muss es ziemlich eklig gewesen sein, der Schnee und das alles. Der dortige Bürgermeister kam mindestens fünfmal in den Nachrichten vor; der hatte eben auch was davon. PR durch Daisy, so hieß das Tief nämlich das den Schnee mit sich trug.
Wir sind also nochmal davon gekommen. Heute ist schon „the day after“.
Alles überzogen, überspitzt und an den Haaren herbeigezogen. Man muss eben Nachrichten fabrizieren, um der Nachrichten willen. Daran hängt ja die Nachrichtenindustrie, Moderatoren wollen bezahlt, Korrespondenten (in Wintervermummung, spaßig!) wollen gesendet und „specials“ wollen verbreitet werden. So ein blöder Schwachsinn! Und dem sind wir Rentner als Fernsehkonsumenten mit Flachbildschirm, ausgeliefert. Wie hieß es doch gleich? Jetzt sind nicht nur die Bildschirme flach, auch die Programme. Und das ist eine wichtige Wahrheit des neuen Jahres.