Was schlimm ist: Wir leben in einer tabulosen Gesellschaft: las heute im Internet, da stelle sich einer in der unsäglich kranken Castingschau des noch kränkeren Dieter Bohlen vor, der „Beethoven pupsen“ könne. Unsere Gesellschaft, besonders die der Jüngeren, meint nun, dass das besonders witzig sei und wird sich „krank“ lachen. Ich bin sicher, dass der Künstler eine Chance hat, in dieser Schau irgendwas Brüllendes zu gewinnen. Das ist eben die Tabulosigkeit, mit der wir leben, ich wie die Jungen, die das, allerdings im Gegensatz zu mir, für völlig normal halten. Würde gern wissen, wie meine inzwischen denkfähigen Enkel das sehen.
Was aber sind Tabus? Etwas, das man in der interaktiven Kommunikation ausklammert, weil es Intimsphären (die früheren „Unaussprechlichen“ – das waren Unterhosen) berührt, oder weil es eine Werte-Wahrnehmung erhält, die für ein anspruchsvolles Zusammenleben notwendig ist (etwa: das tut man nicht, sowas sagt man nicht). Was ich sagen will: wer derartig ohne Tabus lebt, lebt auch ohne Wertbezug. Und er achtet nichts mehr als „wert“-voll, damit ist auch der Zügelung und Hemmung (in positivem Sinn) kein Raum mehr gegeben.
Ist nicht unsere gewaltbereite Gesellschaft besonders wiederum der Jüngeren darin mit begründet? Zuschlagen, zerstören von etwas, das sowieso ohne Wert ist? Und auch, wenn es ein Mensch ist? München (Totschlag eines mutigen, sich einmischenden Bürgers), Berlin (brutale Verletzung eines Älteren, sich Einmischenden), Frankfurt (Mädchen-Schlägertrupp) – alles Hinweise, wenn nicht Beweise dessen, was gesagt ist! Alles vor kurzem passiert, in den Medien mit scheinheiliger Entrüstung breitgetreten, sonst wüsste man das nicht. Die Medien, das ist natürlich eine Pauschalierung, und es gibt auch "gute". Auch gut.
Ich bin eben ein Älterer, der Werte schätzt, besonders wenn es kulturelle sind. Armer Beethoven!
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